Ein Vortrag mal anders? Dann auf zur Pecha Kucha Night! Björn Weigelt organisiert solche Veranstaltungen in Berlin und berichtet hier von dem spannenden Format Pecha Kucha Campus.
Pecha Kucha – mehr als ein Vortrag
Langsam verdunkelt sich der Saal. Es wird stiller. Auf der Leinwand ist bereits ein Name sowie der Titel des Vortrags zu sehen. Es folgt eine kurze Vorstellung. Und dann geht es los: Was jetzt folgt sind 20 Bilder. Jedes Bild ist 20 Sekunden zu sehen, danach wird automatisch das Nächste angezeigt. Es bleiben also exakt 6 Minuten und 40 Sekunden, um alles zu einem Projekt, einer Idee oder Vision zu erzählen – ohne Pause.
Seit 2003 gibt es dieses fast forward Präsentationsformat: Pecha Kucha heißt es, was aus dem Japanischen kommt und soviel bedeutet wie Stimmengewirr. Entwickelt wurde es von den beiden Architekten Astrid Klein und Mark Dytham in Tokyo, die auf der Suche waren, Ideen in kurzer Zeit anschaubar zu machen. Mittlerweile wird das Format Pecha Kucha weltweit genutzt. Nicht nur Organisationen, Agenturen, Institutionen wenden diese Form der Präsentation an. In über 800 Städten global – davon in Deutschland allein in 20 Städten – finden Abendveranstaltungen statt – die Pecha Kucha Nights. Um 20.20 Uhr starten die Präsentationen. Keine Werbung für kommerzielle Produkte, kein Pitch, keine komplizierten Powerpoint-Folien. Eine der größten Communities gibt es in Berlin. In 45 Veranstaltungen zeigten ca. 500 Sprecherinnen und Sprecher einen Mix aus Design, Kunst, Wissenschaft und Utopien.
Pecha Kucha Campus steht für interdisziplinären Austausch
An der Universität der Künste Berlin im Wintersemester 2014 gestartet, präsentieren Studierende, wissenschaftliche und künstlerische Mitarbeiter, Doktoranden, Professoren oder Alumni unter dem Label Pecha Kucha Campus ihre wissenschaftlichen und künstlerischen Kreationen. Zur ersten Veranstaltung noch ein Mix von Vorträgen aus der Community und der Hochschule, ist es jetzt unter dem Dach von Pecha Kucha Berlin ein rein universitäres Format und zum zweiten Mal fester Programmpunkt zur Langen Nacht der Wissenschaften in Berlin. Pecha Kucha Campus ist gedacht für den interdisziplinären und transdisziplinären Austausch und als eine öffentliche Plattform zur Repräsentation der verschiedenen Studiengänge. Die Reduktion auf das Wesentliche, verbunden mit einem strikten Storytelling-Modus, ermöglicht die Präsentation auch von komplexen wissenschaftlichen Themen. Nicht nur live, sondern auch online, können die Zuschauer und Nutzer einen ersten Eindruck über diese Themen gewinnen. Denn alle Vorträge werden im Anschluss der Veranstaltung mit der dazugehörigen Audiospur versehen und können dann im Netz angeschaut und geteilt werden. Dieses bietet den einzelnen Projekten noch mal eine größere Aufmerksamkeit sowie Reichweite.
Die Pecha Kucha Wirkung
Wie divers ein Pecha Kucha Campus Abend ist, zeigt ein Querschnitt der Präsentationen aus den vergangenen Veranstaltungen: Ein Student stellt mit leichtem Südtiroler Akzent anhand einer defekten Rolltreppe vor, wie mediale Stadtentwicklung mittels Kampagnen und PR-Maßnahmen funktionieren kann. Denn am Ende kommen zur Inbetriebnahme über 1000 Gäste, Journalisten und die öffentlichen Betreiber, um die seit einem Jahr defekte Rolltreppe zu einer U-Bahn Linie zu feiern. Dem Vortrag folgt eine Präsentation eines Architekten-Duos mit der Fragestellung: Lassen sich Emissionen per Fassadenelemente an Gebäuden aus der Luft filtern? Ja, es geht. Die Elemente sehen aus wie große Poren und sind mit Nano-Titandioxid beschichtet, welches die Stickoxide in der Luft umwandelt. Und weiter geht es nach 6 Minuten und 40 Sekunden. Nächster Vortrag: Bienen sollten sich von ihrer anstrengenden Arbeit mal ausruhen. Aber wie? „Ich habe einen Liegestuhl für Bienen entwickelt“ und wir sehen in der Präsentation des Produktdesign-Studenten verschiedene Entwürfe von Liegestühlen für Bienen, um dabei gleichzeitig die Bedeutung der Bienen für unser Ökosystem aufgezeigt zu bekommen. Danach sehen wir pneumatische Aufrichtungssysteme für Gitterkonstruktionen, mit dem sich schnell große Hallen errichten lassen. Es folgt ein Projekt, das sich mit der Vermittlung von elektronischer Musik und ihren technischen Grundlagen im schulischen Musikunterricht beschäftigt und im Anschluss sehen wir, was man mittels der veralteten Technologie des Nadeldrucks anstellen kann. Damit Bananen zu stempeln, darauf kommen sicherlich die wenigstens. In ihrem Vortrag zeigt eine Studentin der visuellen Kommunikation an der UdK einen Nadelring, den sie als Interaktion-Tool entwarf und mit dem sie heimlich Bananen im Supermarkt gestempelt hat. Durch die Oxidation der Nadelstiche auf der Schale der Banane, färben sich diese Stellen braun. „Bananas For Everbody“ konnten dann die verdutzten Käufer zu Hause auf ihren Bananen lesen, als Reminiszenz zu 25 Jahren Wiedervereinigung. Mit diesem Potpourri klingt der Abend aus und hinterlässt einen Einblick in die wissenschaftliche, künstlerische Arbeit der Studierenden und Mitarbeiter an den Universitäten.
Pecha Kucha Campus in Berlin
Und auch zur nächsten Ausgabe von Pecha Kucha Campus zur Langen Nacht der Wissenschaften am 24. Juni in der Volkswagen Universitätsbibliothek in Berlin in Kooperation mit der Hybrid Plattform (#PechaKuchaCampus), werden in 18 Vorträgen aus dem Institut für Produkt und Prozessdesign, dem Institut für Biotechnologie, dem Center for Cultural Studies on Science and Technology in China und vielen anderen Einrichtungen der Technischen Universität und der Universität der Künste in Berlin, ein Spektrum von wissenschaftlichen sowie künstlerischen Ansätzen und Projekten gezeigt, die dem Zuschauer zeigen, wie hybrid, speziell, innovativ und überraschend die Hochschullandschaft ist.
Gastbeiträge spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung unserer Redaktion wider.