Wissenschaftler*innen unter Beschuss, der Einfluss medialer Aufmerksamkeit auf die Wissenschaft und Forschung zur Verwendung der Treibhausgas-Metapher. Das plus aktuelle Jobs und Termine sind die Themen im Panoptikum.
Panoptikum 21-21 #HateSpeech #Wissenschaftssprache #Treibhausgas
Augen und Ohren auf
Bedroht, beschimpft, beleidigt: Wie häufig Wissenschaftler*innen unter Beschuss geraten, wenn sie sich öffentlich zum Pandemiegeschehen äußern, zeigt eine nicht-repräsentative Umfrage des Journals Nature in Kooperation mit internationalen Science Media Centern (SMC). Über 80 Prozent der Befragten waren demnach persönlichen Angriffen oder Troll-Kommentaren ausgesetzt, 22 Prozent der Befragten berichten über Androhungen von Gewalt, 15 Prozent haben sogar Morddrohungen erhalten. Für die Umfrage wurden 321 internationale Forschende, ein Großteil von ihnen aus den USA, Großbritannien und Deutschland, befragt. Im Editorial weist die Herausgeberin auf die Gefahr hin, dass Forschende davon abgehalten werden können, sich öffentlich in den Diskurs einzubringen. „Viele wollen sich diesen Beschimpfungen nicht aussetzen. Und viele fühlen sich auch – in vielen Fällen zu Recht – in solchen Situationen allein gelassen“, sagte Mike Schäfer, Leiter des Kompetenzzentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung an der Universität Zürich, dem deutschen SMC. Das hat Expert*innen dazu befragt, was die Umfrageergebnisse für die Zukunft der Wissenschaftskommunikation bedeuten. Laut Schäfer bräuchte es mehr Unterstützung der kommunizierenden Wissenschaftler*innen „emotional, sozial, notfalls sogar juristisch“. Im Jahr 2019 hat das britische SMC bereits Tipps veröffentlicht, wie Wissenschaftler*innen mit Belästigung umgehen können.
Shitstorms in den sozialen Medien und Wissenschaftskommunikation sind auch Themen im neuen Schwerpunkt der aktuellen Ausgabe des „Humboldt Kosmos“.
Der überwiegende Anteil wissenschaftlicher Publikationen erscheint auf Englisch. Wie wichtig Sprachvielfalt in den Wissenschaften für den Erhalt der Artenvielfalt sein kann, zeigt jetzt eine Studie, die in der Fachzeitschrift PLOS Biology veröffentlicht wurde. Die Forschenden fanden heraus, dass ein Drittel der Veröffentlichungen zur Biodiversitätsforschung in nicht-englischen Sprachen verfasst wurden und Erkenntnisse enthielten, die in der englischsprachigen Fachliteratur nicht zu finden waren. Um Sprache geht es auch im Interview mit Henning Lobin im SWR. Darin schildert der Projektleiter des Forum Deutsche Sprache, das 2027 in Mannheim entstehen soll, und Direktor des Leibniz-Institutes für Deutsche Sprache, wie er Besucher*innen in die Forschung einbinden möchte und welche Ausstellungen geplant sind.
Wie sich journalistische Berichterstattung und mediale Aufmerksamkeit auf Wissenschaft, Forschungsthemen und Karrieren auswirken, beschreiben Irene Broer vom Hans-Bredow-Institut und Sophie Rotgeri vom Science Media Center Germany in ihrem Beitrag im DUZ Magazin.
Mehr Wissen
Eine beliebte Quelle für wissenschaftliche Artikel ist „The New Reddit Journal of Science“ oder kurz „r/science“, ein Diskussionsforum für wissenschaftliche Themen auf der Social-Media-Plattform Reddit. Wie sich Textgenres darauf auswirken, ob die Inhalte gelesen und diskutiert werden, wollten Ehren Helmut Pflugfelder und Alexander Mahmou-Werndli von der Oregon State University in den USA wissen. In ihrer Studie haben sie knapp hundert Posts auf r/science und eine Auswahl an Kommentaren untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass wissenschaftsjournalistische Artikel mit größerer Wahrscheinlichkeit zu aktiven Diskussionen führen als beispielsweise Pressemitteilungen. Wenn Artikel unter Open-Access-Bedingungen verfügbar seien, erhöhe das die Anzahl der Zusammenfassungen und der Kommentare, die sich auf Methoden beziehen, schreiben die Autoren.
Wie lässt sich die Umwelt- und Gesundheitskompetenz von Menschen erhöhen, die in Gegenden leben, in denen die Böden von Umweltbelastungen betroffen sind? Das hat ein Forschungsteam rund um Daniela Marsili vom Istituto Superiore di Sanità in Rom untersucht. Die Wissenschaftler*innen haben in ihrer Studie Kommunikationsstrategien eines nationalen italienischen Programms analysiert. Die Ergebnissen zeigen, dass die Umwelt- und Gesundheitskompetenz besonders durch Kommunikationsstrategien verbessert werden kann, die auf dem Dialog mit der Bevölkerung beruhen und versuchen, Chancengleichheit in diesem Wissensbereich herzustellen.
Welche unterschiedlichen Rollen werden der Menschheit innerhalb der Klimadebatte zugeschrieben? Das hat Anaïs Augé von der University of East Anglia in Großbritannien am Beispiel des metaphorischen Ausdrucks „Greenhouse Effect“, also des Treibhausgaseffekts, an drei verschiedenen Textgattungen untersucht: wissenschaftliche Arbeiten, Diskussionen in Online-Foren und Zeitungsartikel, die den menschengemachten Klimawandel leugnen. Die Wissenschaftlerin zeigt, dass die Rolle des Menschen in der Metapher je nach Textgenre als diskursive Strategie zur Bestätigung der eigenen Haltung gegenüber dem Klimawandel genutzt wird. In wissenschaftlichen Artikeln etwa werden Menschen zum Beispiel als Erbauer*innen, aber auch als Zerstörer*innen des Treibhauses bezeichnet. Ihnen wird also eine aktive Einflussnahme auf den Klimawandel zugeschrieben – anders als in den untersuchten Zeitungsartikeln, in denen Menschen passiv bleiben.
Von Praktikum bis Professur
Wissenschaft im Dialog* hat zwei Stellen im Bereich der Bürgerwissenschaft ausgeschrieben. Bis zum 31. Oktober 2021 sind Bewerbungen als Projektmanager (m/w/d) Citizen-Science-Wettbewerb und als Projektmanager (m/w/d) Citizen-Science-Plattform Bürger schaffen Wissen möglich.
Am Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut in Jena ist eine Stelle als Mitarbeiter*in für Wissenschaftskommunikation (w/div/m) zu besetzen. Die Bewerbungsfrist endet am 5. November 2021.
Das Department für Geographie der Ludwig-Maximilian-Universität München sucht eine*n Project Manager for Knowledge Transfer (m/f/d, 75%). Bewerbungen sind bis zum 15. November 2021 möglich.
Weitere Stellenangebote finden Sie in unserer Jobbörse – exklusiv für Stellen aus der Wissenschaftskommunikation. Hochschulen, Forschungsinstitutionen, Stiftungen und Co können ihre Stellenangebote direkt an Besucher*innen unseres Portals richten.
Was kommt?
Am 7. Dezember 2021 feiert die Public Engagement-Plattform EUSEA ihren 20. Geburtstag. Anlässlich des Jubiläums findet vom 6. bis 8. Dezember die European Science Engagement Conference statt. Interessierte können sich kostenlos registrieren.
„Evaluation von Wissenschaftskommunikation leicht(er) gemacht“: Unter diesem Motto stellt die Impact Unit von Wissenschaft im Dialog* ihr Evaluationstoolkit in einer digitalen Veranstaltung am 28. Oktober 2021 ab 12 Uhr vor.
Um die Frage, wie sich Wissenschaftskommunikation an Hochschulen und Universitäten stärken und strategisch weiterentwickeln lässt, geht es beim „Wisskomm:Lab“. Die Konferenz der Hochschule für Technik Stuttgart findet am 15. November von 9 bis 15 Uhr im Rahmen der Förderinitiative „Innovative Hochschule“ statt.
Das Panoptikum gibt alle vierzehn Tage einen Überblick über aktuelle Aktionen, Debatten und Trends. Außerdem sind hier aktuelle Stellenangebote, Veranstaltung und Ergebnisse aus der Forschung über Wissenschaftskommunikation zu finden.
*Wissenschaft im Dialog ist einer der drei Träger des Portals Wissenschaftskommunikation.de.