Foto: Claudio Schwarz

#Wisskomm nach der Bundestagswahl – das plant die FDP

Welche Ideen hat die Politik für die Wissenschaftskommunikation in der kommenden Legislaturperiode? Zur Bundestagswahl haben wir die Parteien im Bundestag dazu befragt. Die Antworten auf unsere sechs Fragen von der FDP im Überblick.

 1) Gibt es einen eigenen Programmpunkt zum Thema Wissenschaftskommunikation und wenn ja, welche Schwerpunkte setzt Ihre Partei dort?

Wir werden darauf hinwirken, dass Wissenschaftskommunikation bei den Mitgliedern der Allianz der Wissenschaften und auch im Zusammenwirken mit den Ländern bei den Hochschulen zu einer prioritären Aufgabe wird. Zur Verankerung tragfähiger Strukturen für die Wissenschaftskommunikation gehört, ihr in den einzelnen Instituten ausreichend Ressourcen, zum Beispiel Zeit, zur Verfügung zu stellen. Es gilt, durch Kooperationen zwischen Lehrstühlen und professionellen Kommunikationsagenturen zusätzliches Know-how in Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen sowie deren Führungsakademien zu tragen, Wissenschaftskommunikation in Aufbau-Studiengänge sowie promotionsbegleitend zu integrieren und damit Qualifizierungsangebote sicherzustellen. Ebenso gilt es, Anreiz- und Anerkennungssystematiken für diejenigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu entwickeln, die engagiert Wissenschaftskommunikation betreiben wollen. Wir wollen zudem Kompetenzerwerb, Qualifizierung und Professionalisierung der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Bereich der Wissenschaftskommunikation sowohl in den außeruniversitären Forschungseinrichtungen als auch im Zusammenwirken mit den Ländern in den Hochschulen jeweils ab der Promotions-Phase verpflichtend zu verankern.

2) Wie kontrovers wird Wissenschaftskommunikation in Ihrer Partei diskutiert? Welche sind hier die wichtigsten Argumente für und wider?

Wissenschaftliche Ergebnisse gehen alle an, von der Medizin über die künstliche Intelligenz bis zum Klimawandel. In Zeiten des immer schnelleren technologischen Wandels bietet eine gute Wissenschaftskommunikation die Grundlage dafür, dass Bürgerinnen und Bürger bei diesen Entwicklungen mithalten und sie selbst in Teilen beziehungsweise für sich gestalten können. Gelungene Wissenschaftskommunikation wirkt Ängsten und Wissenschaftsfeindlichkeit entgegen und schafft Vertrauen in einer Zeit vieler Umbrüche.

Bislang findet Wissenschaftskommunikation jedoch noch zu sehr im Bereich der Eliten statt –unter den wissenschaftlichen Institutionen oder mit denjenigen Bürgerinnen und Bürgern, die sich von sich aus für Wissenschaft interessieren. Das reicht nicht. Darüber hinaus muss die Wissenschaft auch auf Skeptiker oder Vertreter irriger Ansichten zugehen, ihnen zuhören und versuchen, ihnen objektive Wahrheiten nahezubringen. Welche Mittel und Wege hier erfolgreich sind, muss dringend erforscht werden .

3) Welche Bedeutung hat in Ihrer Partei der Austausch zwischen Wissenschaft und Gesellschaft in Zukunft und wollen Sie diesen fördern? Wenn ja, wie?

Durch eine Förderung von Maßnahmen zur Verbesserung der Wissenschaftskommunikation wollen wir bei Bürgerinnen und Bürgern Akzeptanz schaffen, Kenntnisse über wissenschaftliche Methoden vermitteln und Teilhabe ermöglichen. Es sind dabei nicht nur die Fragen zu berücksichtigen, die aus der Wissenschaft heraus entwickelt werden, sondern auch aus der Bevölkerung. Aktuell laufende und mit Bundesmitteln geförderte Formate der Wissenschaftskommunikation wollen wir hinsichtlich ihrer Wirksamkeit evaluieren (vgl. BT-Drs. 19/17517). Dies betrifft beispielsweise Fragen der allgemeinen Reichweite, der erreichten Zielgruppen sowie Fragen der nachhaltigen Wirkung. Bei der Neu- und Weiterentwicklung von Formaten der Wissenschaftskommunikation muss insbesondere darauf geachtet werden, gerade diejenigen anzusprechen, die nicht von sich aus Angebote der Wissenschaftskommunikation wahrnehmen. Dies gilt insbesondere für Menschen, die sich selbst wenig für Wissenschaft interessieren, und solche, die wissenschaftlichen Erkenntnissen eher skeptisch gegenüberstehen. Hierzu wollen wir auch die Möglichkeiten digitaler Kommunikation nutzen.

4) Welche Schlüsse zieht Ihre Partei aus der aktuellen Pandemiesituation in Bezug auf die Wechselwirkungen zwischen Wissenschaft und Politik?

Wir Freie Demokraten wollen die Bedeutung der Wissenschaften stärken für eine fundierte und sachliche Meinungsbildung in der Öffentlichkeit. Wir bekennen uns zum wichtigen Beitrag der Wissenschaften in demokratischen Beratungsprozessen, um faktenbasierte Entscheidungen zu ermöglichen. In unserer lernenden Demokratie sind wissenschaftliche Erkenntnisse eine unverzichtbare Grundlage, aber niemals ein Ersatz von politischer Debatte, Entscheidung und politischem Interessenausgleich. Wissenschaftliche Beiträge dienen vielmehr der demokratischen Aufklärung bezüglich Fakten, Optionen und Szenarien. Fortschritt entsteht gerade auch aus Widerspruch, Zweifeln und kritischer Diskussion. Als Beitrag zur Versachlichung öffentlicher Meinungsbildung schlagen wir vor, Expertinnen- und Experten-Anhörungen in Parlamenten regelmäßig öffentlich zu übertragen. Das gilt auch für Anhörungen von Enquete-Kommissionen. Die Vielfalt der Beiräte in der Bundespolitik wollen wir auf den Prüfstand stellen, um sie neu und sinnvoll an Kriterien der Versachlichung, der Transparenz und der Priorität der Beratung von Parlamenten, nicht von Regierungen, ausrichten zu können. In umstrittenen Fragen sollten verstärkt Verfahren der gemeinsamen Faktenklärung („Joint Fact Finding“) durchgeführt werden.

Wir verteidigen die Freiheit von Forschung und Lehre. Wissenschaft lebt von einer offenen Debattenkultur. Gesetzliche Zivilklauseln lehnen wir ab. Das Ausgrenzen anderer Meinungen (Cancel Culture) widerspricht dem Verfassungsgrundsatz der Freiheit von Forschung und Lehre. Innerhalb der Grenzen des Grundgesetzes müssen auch schwer erträgliche Meinungen geäußert werden können. Deshalb wollen wir wissenschaftseigene Mechanismen der ethischen Selbstkontrolle stärken.

5) Gibt es Ideen, wie die Ergebnisse der #FactoryWisskomm weiter bearbeitet werden sollen?

In der ablaufenden Legislaturperiode ist im Bereich der Wissenschaftskommunikation zu wenig passiert. Zu einer Umsetzung der Empfehlungen der #FactoryWisskomm ist es noch nicht gekommen. In der nächsten Legislaturperiode müssen die Kompetenzen zur Kommunikation seitens der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weiter verbessert werden. Dazu braucht es Weiterbildung ebenso wie Anerkennung. Eine Variante wäre die Förderung cross-sektoraler Karrieren durch Volontariate für PostDocs. Die Anerkennung für kommunizierende Forschende wiederum ist eine Frage von Führung und Kultur innerhalb der Forschungseinrichtungen.

6) Welche Rolle spielen in ihren Konzepten Bürgerwissenschaften und wie soll dies gegebenenfalls gefördert werden?

Wir wollen die Citizen-Science weiterentwickeln mit dem Ziel, auch diejenigen Bürgerinnen und Bürger zur Teilnahme einzuladen und zu ermutigen, die von der Wissenschaft bisher nicht erreicht wurden beziehungsweise sich nicht angesprochen fühlten. Für die Wissenschaftskommunikation ergeben sich verschiedene Zielgruppen, die zukünftig besonders berücksichtigt werden sollten: Diejenigen, die bereits interessiert sind, sich aber nicht gut informiert fühlen, sowie diejenigen, deren Interesse wünschenswert und also noch zu wecken wäre. Der Vertrauensvorschuss für Wissenschaft und Forschung ist allgemein hoch bis sehr hoch. Bei denjenigen, die Wissenschaft und Forschung nicht oder eher nicht vertrauen, gilt es, die Ursachen dafür zu erkennen und nach Möglichkeit Formate und Wege zu finden, auch sie durch Wissenschaftskommunikation zu erreichen und sich mit ihrer skeptischen oder ablehnenden Haltung auseinanderzusetzen (vgl. BT-Drs. 19/17517).

Für diese Reihe haben wir alle Parteien angefragt, die aktuell im Bundestag vertreten sind.


Weitere Beiträge zum Thema

Berichterstattung auf Wissenschaftskommunikation.de