Mit ihrer Wissenschaftskommunikation will die promovierte Biologin Anna Müllner molekularbiologische Themen verständlich darstellen. Wie ihr dies mit ihrem Wissenschaftsblog beim Blogportal SciLogs und nun auch zusammen mit einer Freundin in einem Podcast gelingt, erzählt sie im Interview.
„Ich finde, die Wissenschaft profitiert von der Authentizität und Persönlichkeit“
Frau Müllner, Sie haben den Blog „1life5cience” ins Leben gerufen. Was hat Sie dazu bewogen, Wissenschaftskommunikation zu betreiben und wie war Ihr Weg dorthin?
Als ich meinen Blog 2013 gestartet habe, war das sehr idealistisch motiviert: Ich wollte Menschen Wissenschaft näherbringen und dabei wissenschaftlich gesicherte Informationen streuen. Außerdem fand ich es super, immer wieder kleinere Projekte zu haben und dazu auch direktes Feedback von den Leser*innen zu bekommen. Das ist etwas, das mir in der Wissenschaft etwas gefehlt hat: Dort sind die Projekte eher langfristig angelegt und dass man mal ein Paper herausbringt oder eine Doktorarbeit abschließt, ist doch vergleichsweise selten. Dass ich immer wieder meine privaten Wissenschaftskommunikations-Projekte abschließen konnte, hat mich unglaublich motiviert, in der Forschung weiter zu arbeiten. Ich habe meine Blogbeiträge zusätzlich auf Twitter gestreut und bin dadurch sehr schnell auf Gleichgesinnte gestoßen. Dabei bin ich auch mit dem Wissenschaftskommunikator Lars Fischer in Kontakt gekommen. Er hat mich gefragt, ob ich meinen Blog auch auf SciLogs, der Blogplattform von Spektrum.de, die unter anderem von ihm betreut wird, mit einbringen möchte.
Was macht SciLogs für Sie interessant?
Dort finden sich Blogs von Forschenden oder auch Journalist*innen, die über die verschiedensten Themen schreiben – von Biowissenschaften, Psychologie und Astronomie bis hin zu Kulturwissenschaften. Auch wenn die Blogplattform von Spektrum gehostet wird, bestimmt man den Inhalt seines Blogs vollständig selbst. Die Blogger*innen von SciLogs bilden auch eine tolle Community, aus der sich auch langjährige Bekanntschaften und Freundschaften ergeben.
Wie hat sich aus dem Blog über die Jahre ein Podcast entwickelt?
Zunächst habe ich nur schriftliche Blog-Beiträge verfasst. Die Recherche dafür war immer recht aufwendig, allerdings lernt man dabei ja auch immer etwas Neues. Der Anstoß, einen Podcast zu entwickeln kam von meiner Freundin Claudia, die ich auf Twitter kennengelernt habe. Sie ist auch Biologin und wir haben uns mental gegenseitig durch die Promotion geholfen (lacht). Ich hatte Lust, dieses Format auszuprobieren und so legten wir los. Es ist allerdings nicht weniger aufwendig als die Blogbeiträge. Für eine Folge bin ich in etwa zwei Arbeitstage beschäftigt – und das in meiner Freizeit. Die erste Folge, die wir aufgenommen haben, wurde niemals veröffentlicht, weil sie so schlecht war (lacht). Man merkt, dass es mit der Zeit besser wird. Auch meine ersten Blog-Beiträge waren nicht so gut, aber das ist ja ganz normal – es ist alles Learning-by-Doing.
Was für Vorteile hat ein Podcast denn gegenüber schriftlichen Blog-Beiträgen?
Zum einen sind Podcasts ein „Nebenbei-Medium“. Ich höre selbst total gerne Podcasts, zum Beispiel bei der Haus- und Gartenarbeit oder beim Spazierengehen. So kann man solche Zeit noch weiter nutzen. Zum anderen entsteht in Podcasts noch eine persönliche Ebene. Man hört schon allein an der Stimme, wie der*die Sprecher*in heute drauf ist oder was ihn*sie begeistert. Wir teilen dort auch immer wieder persönliche Geschichten und Erfahrungen. Das hilft, um zu zeigen, dass wir als Forschende ganz normale Menschen mit ganz normalen Leben sind. In der aktuellen Podcast-Folge ist zum Beispiel mal Claudias kleines Kind reingeplatzt. Wir geben dem Persönlichem Raum und gehen erst langsam in die Wissenschaft rein. Ich finde, die Wissenschaft profitiert von der Authentizität und Persönlichkeit. Das hilft den Zuhörer*innen, nicht nur uns, sondern auch der Wissenschaft zu vertrauen.
Wie genau sieht eine Podcast-Folge bei Ihnen aus?
Wir haben unseren üblichen Aufbau: Nach einer kurzen lockeren Einleitung fangen wir mit unserer „Bio-Frage“ an. Das ist, wie der Name schon sagt, eine Frage aus den Biowissenschaften, die aber nicht immer mit dem Hauptthema des Podcasts zu tun hat. Hier sollen die Zuhörer*in erst selber nachdenken können und wir beantworten die Frage am Ende der Folge. Das Konzept habe ich mir mit Erlaubnis vom Podcast „Hoaxilla“ abgekupfert. Dort wird der Einstieg auch mit einer kleinen Knobelaufgabe gestaltet, die im Laufe des Podcasts aufgelöst wird.
Erst dann reden wir über das Hauptthema der jeweiligen Folge, zu dem wir uns im Vorfeld Gedanken und Notizen zu wichtigen Informationen gemacht haben. Meist achtet eine von uns mehr auf die Struktur, während die andere es immer wieder auflockert. Da kann es auch mal passieren, dass die Antwort zu unserer Bio-Frage gespoilert wird. Im Gespräch selbst kommt es auch vor, dass wir uns respektvoll unterbrechen, oder dass eine von uns in einen Monolog verfällt, wenn sie von einem Thema besonders begeistert ist. Wir möchten hier auch die Zuhörer*innen abholen, indem wir immer mal wieder lustige und entspannte Momente haben.
Zum Podcast erstellen wir auch immer einen kleinen Blog-Post, in dem wir weitere Quellen verlinken. Ich finde immer wichtig, dass man den Leuten etwas Begleitmaterial an die Hand gibt. In dieser Form ist es für unser Publikum einfacher, das Material zu durchsuchen und es gibt einfach noch etwas Substanz dazu.
Wen möchten Sie mit Ihrer Kommunikation erreichen und gelingt Ihnen das tatsächlich?
Bei meinem Blog hatte ich die idealistische Idee, dass ich alle ab circa 16 Jahren erreichen möchte, die durch schulische Bildung einigermaßen in die Biowissenschaften eingearbeitet sind. Tatsächlich gelesen wird er allerdings auch von Menschen, die ein größeres Interesse an Wissenschaft mitbringen und oft auch eine höhere formale Bildung haben. Das ist zumindest mein persönlicher Eindruck – anhand der Kommentare und der Menschen, die meine Blogartikel auf Twitter teilen.
Beim Podcast kann ich gar nicht so genau sagen, wer ihn hört. Hier denke ich, dass mein Publikum aus vorwiegend jüngeren und bereits wissenschafts-interessierten Menschen besteht, die gerne Podcast hören. Beim Podcast bekommen wir weniger Kommentare, haben aber auf Twitter einige Follower*innen. Da kann man Detektiv spielen. Jedoch ist es vor allem ein Gefühl.
Sie bringen Ihre Themen auch bei Science Slams auf die Bühne. Was fasziniert Sie an diesem Format?
Hier gefällt mir, dass man direktes Feedback bekommt. Wenn man auf der Bühne steht, merkt man sofort, was das Publikum interessiert und was nicht. Ich versuche, meine Themen immer mit Alltäglichem zu verbinden. Ich liebe es, wenn ich nach dem Slam weiterführende Fragen von Zuhörer*innen bekomme – und das ist häufig der Fall. Daran merke ich, dass sie mein Thema verstanden haben.
Außerdem gefällt mir die Science Slam Community, aus der ein tolles Netzwerk entsteht. Man kennt sich, erlebt einiges zusammen und weiß direkt, wen man fragen kann, wenn man Informationen zu einem bestimmten Thema sucht. Leider sind die Science Slams für mich mit einem hohen Zeitaufwand für die Reise verbunden, aber für mich sind sie es trotzdem wert.
Wenn Sie jetzt noch einmal in die Wissenschaftskommunikation starten würden, was würden Sie anders machen?
Den Podcast und die Science Slams würde ich jederzeit wieder machen. Der Blog in Textform hat sich als sehr niederschwelliges Medium für den Einstieg gelohnt, allerdings habe ich beobachtet, dass der Trend derzeit eher zu visuellen Medien hingeht. Wenn ich also heute nochmal in die Wissenschaftskommunikation starten würde, würde ich nicht mit einem textbasierten Blog anfangen, sondern eher Videos als Medium aufgreifen wollen.