Was motiviert Wissenschaftler*innen mit einem fachfremden Publikum über ihre Forschung zu sprechen? Und welche Formate eignen sich für den Start? Wir haben Fragen gesammelt, die Forschenden bei ihrem Einstieg in die Wissenschaftskommunikation helfen können.
Sechs Fragen für den Start – die eigene Forschung kommunizieren
Viele Wissenschaftler*innen kommunizieren aktiv über ihre Forschung. Ob über verschiedene Social-Media-Kanäle, mit einer Präsentation am Tag der offenen Tür ihres Instituts oder im Podcast zum eigenen Forschungsfeld. Was sind ihre Erfahrungen, welche Tipps geben sie und welchen Mehrwert ziehen sie aus ihrer Kommunikation? Wir heben Beispiele von Forschende hervor, die im Interview mit uns über ihre Kommunikationsaktivitäten gesprochen haben.
Warum sollte ich auch außerhalb meiner Fachcommunity über meine Forschung sprechen?
Die Gründe, Wissenschaft zu kommunizieren, sind so vielfältig wie die gewählten Ansätze. Manchen macht es einfach Spaß, Geschichten aus der Wissenschaft zu teilen. Oder man möchte dazu beitragen, die direkte Kommunikation zu stärken. Wird das eigene Thema in der Bevölkerung oft falsch verstanden, kann es ein Ziel sein aufzuklären. Bei politisch relevanten Themen ist Kommunikation zudem eine Möglichkeit, Forschungsergebnisse in die politische Diskussion einzubringen oder eine Methode, um Erkenntnisse zur Anwendung zu bringen.
Ein wichtiger Grund für Forschende, sich öffentlich zu äußern, ist, Wissen offen zugänglich zu machen, Fakten klar und im richtigen Kontext darzustellen, um Mythen oder Desinformation entgegenzutreten (1, 2, 3).
Nicht zuletzt sehen manche die Kommunikation auch einfach als Teil des Jobs an oder sie ist sogar Teil der Jobbeschreibung, sofern sie von den Forschungsförderern eingefordert wird. Und Werbung für das eigene Fach kann auch nicht schaden, wenn Nachwuchs rekrutiert werden soll.
Der beste Start für meine Wisskomm ist … ?
Es gibt nicht den einen Weg, sondern viele unterschiedliche Herangehensweisen. Ein populärwissenschaftlicher Vortrag oder ein Beitrag für die Institutshomepage eignen sich als Einstieg ebenso wie ein Twitter-Kanal oder eine Ausstellung. Die Vorliebe für ein bestimmtes Format, Vorerfahrungen mit einem Medium oder auch der Zufall spielen hier eine Rolle.
Für die Eine ist der Einstieg ein Science-Slam, dem ein Buchprojekt folgt. Die Andere merkt, dass die eigene Forschung gut als geschriebene Geschichte erzählt werden kann und reicht sie für einen Kommunikationspreis ein. Die Nächste begeistert in einem Famelab Wettbewerb mit ihrer ungewöhnlichen Erzählweise. Wer schon als Kind gerne experimentiert hat und unter Anleitung sogar die Welt der Experimenteshows kennenlernt, kann auch als promovierter Wissenschaftler mit einer eigenen Show auf der Bühne stehen.
Einblicke in den Forschungsalltag kann man über einem Blog des eigenen Graduiertenkollegs geben. Hier besteht zudem die Möglichkeit, sich Anregungen und Tipps der Kolleg*innen einzuholen. Mit Kurzgeschichten und sogar Gedichten können neue Erzählweisen geübt und neue Zielgruppen angesprochen werden.
Viele Forschende nutzen zum Einstieg auch Twitter. Hier kann man sich vernetzen und eine Community aufbauen, über die eigene Forschung und die Kommunikation sprechen und den Dialog aktiv mitgestalten. Diskussionen werden hier oft als sachlich und konstruktiv erlebt. Onlinemedien sind leicht zugänglich und bieten zudem die Möglichkeit, die erzielte Aufmerksamkeit auch über alternative Metriken zu messen.
Gerade in Pandemiezeiten wurden digitale Medien ausprobieren oder neu erfunden. Wieder aktuell sind Podcasts, in denen beispielsweise die Begeisterung über die Mathematik oder Wissen zu Infektionskrankheiten im Dialogformat vermittelt wird.
Geht man bei der Kommunikation vom Thema aus und will beispielsweise über Corona und Impfungen sprechen, kann man sich für einen Youtube-Kanal entscheiden oder etwas Neues ausprobieren und startet eine Lesung von aktuellen Publikationen via Clubhouse.
Soll ein kreativer Ansatz gewählt werden, kann ebenso ein Comic oder ein Malbuch ein Format sein, um ein komplexes Thema neuen Zielgruppen zugänglich zu machen.
Es gibt unendlich viele Möglichkeiten zu kommunizieren. Die Frage ist, was einem liegt, wie viel Zeit man für die Kommunikation aufbringen kann und möchte und ob der Ansatz zu den eigenen Zielen und der Zielgruppe passt.
Wie nimmt die Fachcommunity meine Kommunikation auf?
Die Akzeptanz in der Community kann als große Herausforderung empfunden werden, wenn Professor*innen sie als Zeitverschwendung ansehen, die von der Forschung ablenkt. In anderen Fällen wird die Kommunikation mit viel Wohlwollen wahrgenommen und man wird von Kolleg*innen unterstützt und bekommt Feedback zum Projekt und den vermittelten Inhalten. Oft wissen Kolleg*innen jedoch gar nichts von den eigenen Kommunikationsaktivitäten, reagieren dann aber mit Begeisterung und Bewunderung, wenn sie davon erfahren. Manchmal ist der eigene Kommunikationsansatz Thema unter den Kolleg*innen und die gesamte Arbeitsgruppe verfolgt eine auf Twitter angestoßene Debatte zum Forschungsthema gebannt mit.
Welche Chancen und Risiken birgt meine Wissenschaftskommunikation?
Kommunikation bedeutet Aufmerksamkeit und damit auch mehr Sichtbarkeit für das eigene Forschungsfeld oder die eigene Person. Dies kann dazu führen, dass man mehr Gelegenheit bekommt, die eigenen Themen vorzustellen. Es ergeben sich zum Beispiel auch Chancen, neue Menschen in der Wissenschaft kennenzulernen. Durch die eigene Kommunikation kann ein bestimmtes Publikum mit den Inhalten erreicht werden, die einem wichtig sind. Gleichzeitig birgt schlecht umgesetzte Kommunikation das Risiko, dass das Falsche hängen bleibt. Je nach Thema gilt es daher, sehr darauf zu achten, zwischen wissenschaftlichem Ergebnis und einer möglichen Interpretation zu unterscheiden, damit wissenschaftliche Daten nicht missverstanden werden. Erfahrung in der Kommunikation hilft diese Unterschiede zu erkennen, selbstbewusster aufzutreten und schult auch für den Kontakt mit Journalist*innen. Manche Themen lösen beim Publikum auch emotionale Diskussionen aus. Damit umzugehen, erfordert viel Feingefühl. Hilft hier eher eine offene Diskussion oder kann das Team um Unterstützung gebeten werden? Um solche Themen dreht sich auch der Schwerpunkt „Kontroverse Themen kommunizieren“, mit vielen Tipps und Erfahrungswerten dazu.
Wo finde ich Best Practice Beispiele, an denen ich mich orientieren kann?
In der Serie „Kommunizierende Forschende“ berichten immer wieder Wissenschaftler*innen davon, wie sie selbst kommunizieren und nennen auch gerne Beispiele von Personen und Kanälen, die sie motiviert oder inspiriert haben.
Für die Bühnenerfahrung wird auf Vorbilder aus unterschiedlichen Wissenssendungen oder auch Youtube-Videos verwiesen. Meist lassen sich Forschende von ganz unterschiedlichen Quellen inspirieren, zu denen auch Podcasts und Social-Media-Kanäle zählen.
Und natürlich gibt es die aktuell bekannten Beispiele im Rahmen der Kommunikation zu Corona. Häufig benannt werden dabei Christian Drosten oder Sandra Ciesek mit ihrer Aufklärungs- und Einordnungsarbeit über den NDR-Podcast „Coronavirus-Update“, oder Mai Thi Nguyen-Kim mit ihrem Kanal MaiLab, die mittlerweile hauptberufliche Wissenschaftsjournalistin ist.
Welche Tipps geben Forschende mit Kommunikationserfahrung?
Traut Euch und legt einfach los, sind wohl die häufigsten Ratschläge von Forschenden mit eigener Kommunikationserfahrung. Es geht darum, keine falsche Scheu zu haben und sich einfach mal mit dem Thema zu befassen. Danach wiederum gilt es auch, dranzubleiben und sich immer wieder zu fragen, für welche Inhalte das Publikum sich interessiert. Und es ist wichtig, klar zwischen der eigenen Meinung und wissenschaftlichen Erkenntnissen zu trennen.
Wissenschaftskommunikation sollte Spaß machen! Denn, die Begeisterung für Forschung zu teilen, ist ansteckend und lohnt sich. Gleichzeitig sollte man jedoch auch den Punkt nicht verpassen, wenn es für das Publikum zu viel wird.
Egal wen man ansprechen möchte, es hilft, die Vortragstechnik zu üben. Das kann mit einem Science Slam als wertvollen Start gelingen, weil hier Inhalte allgemeinverständlich erklärt werden müssen.
Beim direkten Austausch kann es auch persönlich werden. Daher raten Forschende hier authentisch zu bleiben und sich auf persönliche Fragen einzustellen. Es gibt viele gute Vorbilder, von denen man sich inspirieren lassen kann. Dabei sollte man sich jedoch nicht von deren Professionalität abschrecken lassen und einen eigenen Stil finden, der für einen der richtige Weg ist.
Je nach Format wird dazu motiviert, sich Rat zu suchen. Bei einem Podcast beispielsweise, sind nämlich nicht nur inhaltliche, sondern auch technische Tipps hilfreich.
Weitere Tipps für die Kommunikation der eigenen Forschung:
Für den Start in die Kommunikation gibt es bei Wissenschaftskommunikation.de neben Beispielen kommunizierender Forschender und von Kommunikationsprojekten auch viele Tipps und Leitlinien als Hilfestellung. Zusätzlich gibt es Fortbildungsmöglichkeiten und Veranstaltungen im Bereich der Wissenschaftskommunikation.
Wer die ersten Schritte wagen will, kann bei „#Wisskomm mit Jana“ die Protagonistin bei ihren ersten Kommunikationsschritten begleiten.
Außerdem gibt es hier acht Fragen für den Start in die Wissenschaftskommunikation als Job.