Foto: Massimo Mancini, CC0

Die Stimme des Intellekts

Wie erkennen Skeptiker Parawissenschaften? Wie diskutieren sie mit Anhängern von Verschwörungstheorien? Kurzum: Wie machen sie Wissenschaftskommunikation? Vom 29. April bis zum 1. Mai fand in Berlin die 26. Skepkon statt.

„Machen Sie einfach was“ ist die Aufforderung, die sich durch die SkepKon zieht. „Was immer Sie gut können, machen Sie es und setzen Sie falschen Behauptungen etwas entgegen!“ raten die Mitglieder der Gemeinschaft für wissenschaftliche Untersuchungen von Parawissenschaften (GWUP) und haben es sich zur Aufgabe gemacht aufzuklären. Sie wollen ihren Mitmenschen verdeutlichen welche Behauptungen wissenschaftlich gesehen Unfug und welche Erkenntnisse dagegen wissenschaftlich belegbar sind. Dabei stürzen sie sich in Kommentarschlachten unter Online-Artikel, in Online-Foren und betreiben Webseiten zur Aufklärung falscher Behauptungen. Sie lassen keine Seite unkommentiert, die die Wirkung homöopathischer Mittel beweisen will, den Klimawandel leugnet oder Verschwörungstheorien schürt. Dafür schlagen sie sich die Nächte um die Ohren und gefährden ihre Psychohygiene.

Aller Anfang ist schön

Welche Erfahrungen sie damit sammeln, wen sie von ihren Standpunkten überzeugen können und wo sie es aufgeben, berichten sie auf der SkepKon – der jährlichen Tagung der GWUP. Die dreitägige Konferenz wurde am 29. April mit der Sceptical eröffnet: vier Stunden wissenschaftliches Entertainment unter dem Motto „Fakten sind sexy!“ Und wie sie das sind. Eine kabarettistische Darbietung von Florian Aigner und Martin Moder zu Grenze von wissenschaftlichen Fakten und Aberglauben wird abgelöst von Natalie Grams, die berichtet wie sie von bekennender Homöopathin zur Skeptikerin wurde. Tommy Krappweis performt seinen „Dunning Kruger Blues“ mit einem klaren Gebrauchshinweis: „Dieser Song lässt keinen Platz für Diskussionen. So werden Sie nicht mit der anderen Seite in den Dialog treten.“

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Der Kriminalbiologe Mark Benecke untersucht alte Filmaufnahmen von Alien-Autopsien und klärt das Publikum mit Fotos menschlicher Autopsien darüber auf, woran man erkennen kann, wie eine Alien-Leiche aussehen müsste. Nichts für schwache Nerven. Diese beruhigte auch die Fotografin Gesine Born nicht, die live demonstrierte, wie einfach Fake-Fotos erstellt werden können. Den krönenden Abschluss und die most sexy Fakten brachten jedoch die Science Busters auf die Bühne. Sie verführten das Publikum mit selbstgekochtem Stickstoff-Eis, der Entstehungsgeschichte des Mondes und natürlich ihrem einzigartigen Charme.

Deutlich seriöser ging es an den folgenden beiden Tagen zu: Die Sessions widmeten sich der Pseudomedizin, der Paraphysik und der Klimawandelleugnung. Der größte Block thematisierte jedoch die Faktenleugnung im Allgemeinen.

Faktenleugnung

Eine Theorie oder die Erklärung eines Phänomens – beispielsweise Chemtrails – auf ihre Wissenschaftlichkeit zu überprüfen ist gar nicht so leicht – besonders wenn man nicht vom Fach ist. Nikil Mukerji ist promovierter Philosoph, lehrt an der Ludwig-Maximilians Universität München und stellt in seinem Vortrag „Wie erkennt man Pseudowissenschaften? An Ihren Argumenten!“ 10 Testfragen vor, die dabei helfen sollen:

  1. Wird überhaupt argumentiert?
  2. Gibt es Lücken in der Argumentation?
  3. Wird mit unglaubwürdigen Annahmen gearbeitet?
  4. Wird die Beweislast illegitim verschoben?
  5. Gibt es unklare Aussagen?
  6. Gibt es logische Schwachstellen?
  7. Werden sprachliche Tricks verwendet?
  8. Werden irrelevante Gesichtspunkte angesprochen?
  9. Wird die Sachlage einseitig dargestellt?
  10. Versucht man Ihnen einen Bären aufzubinden?

Wenn Skeptiker Wissenschaft kommunizieren, adressieren sie häufig ein stark anders denkendes Publikum. Menschen, die ihrem Gefühl zu einer Fragestellung mehr Platz einräumen als einer wissenschaftlichen Erkenntnis und die, wenn Gefühl und wissenschaftliche Erkenntnis nicht vereinbar sind, das Vertrauen in die Wissenschaft verlieren. Wen die Skeptiker dann noch erreichen und wie sie mit ihnen kommunizieren, thematisierte Skeptiker-Chefredakteur Bernd Harder in seiner Session. Er empfiehlt: Fragen stellen, Widersprüche aufzeigen, freundlich bleiben. Und Harder gibt neben dem klassischen Tipp der Wissenschaftskommunikation “Erzählen Sie Geschichten!” auch den Hinweis: “Vermitteln Sie eine Botschaft, sagen Sie, warum Sie über diese Themen sprechen, warum es Ihnen so wichtig ist, dass Sie Stunden Ihrer Freizeit damit verbringen.”

Aus der anschließenden Diskussion ergeben sich weitere Punkte: Es sei wichtig Gemeinsamkeiten mit dem Gegenüber zu finden. Dabei könne es schon helfen als Mutter zu sprechen und nicht als Wissenschaftlerin. Wen sie mit ihren Kommentaren unter Artikeln, Blogposts oder in Facebookgruppen erreichten, seien häufig nicht die anderen Kommentierenden sondern vor allem die stillen Mitleser – bei ihnen könnten man noch Zweifel säen.

An diesem Ziel arbeiten die Skeptiker stetig mit Geduld und starken Nerven um ihrer Rolle als Endboss im Onlinespiel der Wissenschaftskommunikation gerecht zu werden.

Zusammenfassungen zu den Vorträgen sind auf der Seite der SkepKon zu finden.