Wie kann Biologie die Wirtschaft nachhaltiger machen? Das ist Thema der Informationsplattform Bioökonomie.de. Redaktionsleiter Philipp Graf erzählt im Interview von den Zielen der Plattform und den Chancen multimedialer Erzählweisen, um Bioökonomie für ein breites Publikum greifbar werden zu lassen.
Bioökonomie.de – ein Portal zum biobasierten Wirtschaften
Herr Graf, was ist Bioökonomie – und wieso ist das Thema für die Wissenschaftskommunikation relevant?
Mit Bioökonomie ist ein biobasiertes und nachhaltiges Wirtschaften gemeint. Es geht um eine Wirtschaftsstrategie der Zukunft, die auf biologischen anstelle von fossilen Ressourcen aufbaut. Hier spielen Mikroorganismen, Pflanzen und Tiere als Lieferanten von Biomasse, aber auch biologische Prozesse und biobasierte Produkte, eine zentrale Rolle. Bioökonomie ist eine wichtige Nachhaltigkeitsstrategie, aber auch eine Innovationsstrategie. Sie baut auf dem rasant gewachsenen biologischen Wissen und neuen Technologien auf. Dafür ist viel Forschung und Entwicklung nötig. Die Bundesregierung unterstützt den Weg in eine Bioökonomie seit mehr als zehn Jahren mit Strategien und Förderprogrammen. Hier hat sich in Wissenschaft und Wirtschaft sehr viel getan – auf Bioökonomie.de informieren wir über aktuelle Entwicklungen, Trends und Hintergründe. Ein Highlight für uns ist natürlich, dass Bioökonomie 2020/21 das Thema des Wissenschaftsjahres ist.
An welche Leser*innen richten sich die Inhalte von Bioökonomie.de?
Unser Portal richtet sich an eine sehr breite Öffentlichkeit; wir möchten alle die Leute erreichen, die sich für das Thema biobasiertes Wirtschaften interessieren. Das beginnt bei Schüler*innen und Lehrkräften der Oberstufe, aber auch Studierende sowie Journalist*innen finden bei uns viele Informationen. Es hat sich zudem eine eigene Bioökonomie-Community in Deutschland geformt. Diese Zielgruppe mit Akteur*innen aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft findet bei uns die entsprechenden Fachinformationen.
Wie wurde Bioökonomie.de ins Leben gerufen?
Die „Informationsplattform Bioökonomie“ wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Jahr 2015 und 2019 als Dienstleistungsauftrag für die Fachkommunikation öffentlich ausgeschrieben. Wir von BIOCOM hatten uns jeweils erfolgreich darum beworben. Die Gesamtprojektleitung hat meine Kollegin Sandra Wirsching inne.
Was sind Ihre Kommunikationsziele?
Wir möchten verlässliche und relevante Informationen zur Bioökonomie liefern und das Thema möglichst lebendig und anschaulich vermitteln. Vielen Menschen erscheint der Begriff anfangs abstrakt, aber durch Förderprojektbeispiele, Produkte und die Beschreibung der Werkzeuge versuchen wir, das Konzept Bioökonomie verständlich und greifbar zu machen. Außerdem möchten wir herausarbeiten, was der Nutzen der Bioökonomie für die Gesellschaft ist. Wir thematisieren aber auch Zielkonflikte und Schwachstellen von Bioökonomie-Ansätzen.
Da die Bioökonomie seit 2010 hierzulande auf der politischen Agenda steht, stellen wir vom BMBF geförderte Forschungsprojekte vor und möchten deren Weg in die Anwendung darstellen. Wir erläutern die verschiedenen politischen Strategien und informieren über öffentliche Fördermöglichkeiten.
Wir sehen uns als Rechercheportal, auf dem die interessierte Öffentlichkeit Informationen findet, die sie dann auch in die Lage versetzt, in einen Dialog untereinander oder mit den entsprechenden Akteur*innen zu treten oder sich an Diskussionen zu beteiligen.
Wer steht hinter dem Projekt?
Hinter Bioökonomie.de steht ein engagiertes Team mit vielen Talenten: Derzeit schreiben und produzieren vier Autor*innen Texte. Das Filmteam von BIOCOM setzt die Videobeiträge und Multimedia-Inhalte um. Außerdem haben wir Leute im Team, die interaktive Medienexponate entwickeln oder auch an Ausstellungen arbeiten. Nicht zu vergessen die Kolleg*innen, die sich um technische Belange wie aktualisierte Datenbanken, Terminkalender, Social-Media-Kanäle und den Webseiten-Betrieb kümmern.
Und welche Qualitätskontrollen und Anforderungen gibt es?
Da das BMBF unser Auftraggeber ist, stehen wir in der Inhaltsplanung mit dem Bioökonomie-Fachreferat und dem Projektträger Jülich im engen Austausch. Bei der Themenauswahl und Berichterstattung sind wir aber frei. Wir decken hier keinesfalls nur BMBF-Themen ab. Denn wir wollen die Bioökonomie in Deutschland in ihrer Vielfalt vorstellen – in Forschung, Wirtschaft und Förderung. Die Qualitätssicherung ist eine meiner Kernaufgaben. Maßgeblich sind für uns journalistisches Handwerk und die Leitlinien für gute Wissenschaftskommunikation.
Noch recht neu ist die Porträtreihe „Die Biopioniere“. Wer wird in diesem Format vorgestellt?
Wir porträtieren in dieser Multimedia-Reihe interessante Persönlichkeiten aus der biobasierten Wirtschaft: Junge oder avancierte Forschende, Entrepreneur*innen, Vordenker*innen oder Kreative. Innovative Themen und Gedanken über Menschenporträts zu vermitteln, funktioniert aus unserer Erfahrung mit am besten. Unser Videoteam um Oliver Päßler produziert über die Biopioniere jeweils ein Video, einen Podcast und eine Text-Foto-Reportage. Dadurch schaffen sie einen persönlichen Zugang zum komplexen Thema Bioökonomie. Gesichter und Personenporträts funktionieren natürlich auch auf Social Media super!
Beispiel eines Videoporträts aus der Reihe “Die Biopioniere” mit dem Pflanzenbiotechnologen Ralf Reski, der auch im Podcast zu hören ist:
Auf der Webseite sind Sie medial breit aufgestellt. Welche Vorteile und Herausforderungen ergeben sich für Sie aus diesem Multimediaansatz?
Wir wollen die medialen Möglichkeiten von heute nutzen, um verschiedenste Kanäle zu bespielen. Die Vielfalt macht hier den Reiz aus. Dadurch können sich alle Besucher*innen ihr Lieblingsformat aussuchen. Auch vom BMBF kam der Wunsch, das multimediale Angebot auf Bioökonomie.de weiter auszubauen. Gleichzeitig fließt in diese breite mediale Aufstellung konzeptionell sehr viel Zeit, da alles entsprechend abgestimmt werden muss.
Wie messen Sie denn, ob sie Ihre Ziele und Zielgruppen auch erreichen?
Die Klickstatistik verrät uns, welche Themen und Formate beliebt sind und daraus lassen sich Rückschlüsse auf die jeweilige Zielgruppe ziehen. Zum Beispiel werden manche unserer Express-Erklärvideos oft aufgerufen. Das sind dann Begriffe, die für die Schule relevant sind. Ein echter Dauerbrenner ist darum wohl auch das Themendossier „Enzyme – die Supertalente der Bioindustrie“. Wir bekommen öfters dankbare Kommentare von Schüler*innen, die Videos hätten in letzter Minute die Abiturvorbereitung gerettet. Auch Journalist*innen nutzen unsere Plattform gern als Ausgangsbasis für ihre Recherchen. Weiteres Feedback erhalten wir ganz klassisch über E-Mails, durch Social-Media-Kommentare und bei Veranstaltungen.
Welche Plattformen nutzen Sie zusätzlich zur Webseite für Ihre Kommunikation?
Wir haben einen Youtube-Kanal und sind auf Twitter, Instagram und Facebook. Sehr wichtig ist für uns der wöchentliche Newsletter, der mehrere Tausend Abonnent*innen zählt. Er präsentiert die neuen Inhalte der Webseite und ist für die Bioökonomie-Community eine wichtige Ressource. Außerdem arbeiten wir eng mit der Website wissenschaftsjahr.de zusammen und liefern dafür zwei News-Beiträge pro Woche.
Was wünschen Sie sich für das Projekt für die Zukunft?
Dann hoffe ich, dass Bioökonomie auch nach dem Wissenschaftsjahr ein öffentliches Gesprächsthema bleibt. Die Themen und Bilder gehen uns sicher nicht aus. Gerade die vielen Facetten machen die Beschäftigung mit Bioökonomie so reizvoll.