Die Ziele, die Wissenschaftler*innen mit ihrer Forschungstätigkeit verfolgen, reichen von Reputation innerhalb der Scientific Community über Anwendung in der Wirtschaft bis zum Nutzen für die Gesellschaft. In dieser Serie schaut Yasmin Lindner-Dehghan Manchadi darauf, welche sozialen Medien von Twitter bis Xing dabei helfen können. Hier im Fokus: Der Dialog mit der Gesellschaft.
Was bringen Soziale Medien, wenn Erkenntnisse Nutzen für die Gesellschaft stiften sollen?
Viele Ergebnisse aus Forschung und wissenschaftlichem Diskurs betreffen direkt oder indirekt gesellschaftliche oder politische Handlungsbereiche. Damit diese oder daraus abgeleitete Handlungsempfehlungen aber in Entscheidungen berücksichtigt werden können, müssen sie auch gehört werden. Die Förderung von Drittmittelprojekten umfasst zudem häufig auch eine Verpflichtung zur Verbreitung der Forschungsinhalte und -ergebnisse, um so den Beitrag, den das Projekt für die Gesellschaft leisten soll, möglichst zu maximieren. Welcher sozialen Medien und Kanäle können sich Forschende also bedienen, um Nutzen in der Gesellschaft zu stiften?
„Mit dem, was ich mache, will ich gelesen und verstanden werden. Nur für Fachjournale Texte zu produzieren, die 20 Kolleginnen und Kollegen lesen, reicht mir nicht aus“, so der Professor für Ethik und Sozialphilosophie Arnd Pollmann im Interview mit dem Tagesspiegel Online für den Artikel „Erst forschen, dann twittern“1. Soll die eigene Forschung Nutzen für die Gesellschaft stiften und zu diesem Zweck entweder von Multiplikator*innen und Entscheider*innen für die Gesellschaft oder in der Gesellschaft selbst wahrgenommen werden, kann man sich – neben vielen weiteren Möglichkeiten – verschiedener sozialer Medien bedienen.
Das Medium Twitter ist hierzu nur geeignet, wenn der eigene Kanal über eine vergleichsweise große Followerschaft verfügt. Laut einer Studie mit dem Titel „Scientists on Twitter: Preaching to the choir or singing from the rooftops?“2 von Côté und Darling erreichen Wissenschaftler*innen – untersucht für die Bereiche Ökologie und Entwicklungsbiologie – mit unter 1.000 Follower*innen auf Twitter überwiegend die Scientific Community (55 Prozent).
Ab einer Anzahl von 1.000 Follower*innen bilden nichtwissenschaftliche Personen und Institutionen die Mehrheit ihrer Followerschaft. Darunter identifizierten die Forscherinnen unter anderem Teile der allgemeinen Öffentlichkeit, Medienvertreter*innen, Nichtregierungsorganisationen, Museen, Lehrkräfte sowie Politiker*innen. Letztere sind dabei laut der Studie am geringsten vertreten. Die Forscherinnen fanden heraus, dass ihr Anteil zunimmt, wenn twitternde Wissenschaftler*innen über 2.200 Follower*innen haben.
Forschenden mit einer entsprechend großen Followerschaft bietet Twitter also die Möglichkeit, neben Teilen der breiten Öffentlichkeit auch Vertreter*innen der Medien und vor allem auch der Politik zu erreichen. Twitter kann hier entsprechend über den „Umweg“ der Medienschaffenden und Entscheider*innen als Hebel dienen.
Eine kompakte Zusammenfassung zur Studie bietet auch der bereits im ersten Teil dieser Trilogie erwähnte Beitrag „Welchen Sinn hat Twitter für Forschende?“3.
Möchte man eine breitere Öffentlichkeit direkt erreichen – und nicht nur den sehr eingeschränkten Teil davon, der auf Twitter aktiv ist4 – kann man sich des sozialen Mediums Facebook bedienen. Hilfreich ist, die Kommunikation in fachlich interessierten oder anderweitig passenden Gruppen zu nutzen. Analog zu Linkedin und Xing gibt es auch hier die Möglichkeit, Gruppen beizutreten oder diese selbst zu gründen. Auch politische Gruppen können auf diese Weise erreicht und als Hebel genutzt werden.
Es ist wichtig, die Informationen außerhalb privater Profile – also in Gruppen, auf öffentlichen Profilen und öffentlichen Seiten – zu teilen, um die Aufmerksamkeit auch außerhalb der Scientific Community oder der eigenen „Freundeskreise“ darauf zu lenken. Enkhbayar et al. haben im Rahmen ihrer Studie mit dem Titel „How much research shared on Facebook happens outside of public pages and groups? A comparison of public and private online activity around PLOS ONE papers”5 herausgefunden, dass dies bislang häufig nicht getan wird. 58,7 Prozent der untersuchten, auf Facebook geteilten Papers wurden in geschlossenen Bereichen geteilt. Eine kompakte Zusammenfassung zur Studie bietet auch der Beitrag „Facebook: Mehr Wissenschaft als gedacht“6.
Über das soziale Medium Instagram kann man mit seiner Forschung ebenfalls eine breite Öffentlichkeit erreichen.7 Wichtig ist hier, dass man nicht nur gute Inhalte, sondern auch ansprechende Bilder oder Videos bieten kann. Gutes (audio)visuelles Material spielt in allen sozialen Medien – außer Twitter – eine besonders wichtige Rolle. Bei Instagram ist sie zentral. Durch zusätzliche Hashtag-Verschlagwortung8, die Markierung und Erwähnung anderer Instagram-Accounts sowie Interaktionsangebote kann man Sichtbarkeit erlangen und das Augenmerk auf sein Thema lenken.9 Das A und O ist jedoch ansprechendes visuelles Material, ohne das man bei den immanenten Regeln dieses Mediums langfristig nicht wirklich „mitspielt“. Posts mit langweiligen oder schlechten Bildern gehen in der Masse von Instagram-Posts unter und erlangen so gut wie keine Reichweite. Instagram bietet jedoch die Möglichkeit, Bilder zum Beispiel mit Filtern attraktiver zu gestalten. Zusätzlich gibt es weitere Funktionen10, von denen vor allem die sogenannten „Storys“ relevant sind.
Youtube
Auch Youtube kann man sehr gut für die Wissenschaftskommunikation nutzen, um in der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden. Zahlreiche Artikel weisen bereits darauf hin: Der Beitrag „Wissenschaft auf YouTube? Läuft!“11 gibt einen guten Überblick über das Angebot an vielabonnierten Wissenschaftskommunikationskanälen. Einen weiteren Einblick bietet das Interview „Forschung im Video: Wie, warum und für wen?“12. Im Gegensatz zu anderen sozialen Medien stellen auf Youtube nur sehr wenige Nutzende Inhalte ein, die große Mehrheit konsumiert lediglich die hochgeladenen Videos. Daher kann infrage gestellt werden, ob Youtube als soziales Medium bezeichnet werden kann. Sozialer Anteil ist, dass jede angemeldete Person mit einem Kanal die Möglichkeit hat, selbst Videos hochzuladen und mit anderen über Kommentare und Likes zu interagieren. Das sind jedoch – wie bei Xing, wo es immerhin auch noch die Möglichkeit zum Teilen von Inhalten gibt – recht eingeschränkte Interaktionsmöglichkeiten. Youtube hat aber, und das ist seine große Stärke, zusätzlich eine sehr potente Suchmaschinenfunktion, so dass man mit seinen Videos und guter Verschlagwortung auch von außerhalb des Mediums sehr gut gefunden werden kann.
Fazit und Ausblick
Um die Frage, wie sich Social-Media-Nutzung auf die Reputation in der wissenschaftlichen Community auswirkt, geht es im ersten Teil. Wie soziale Medien den Transfer von Forschung in die Wirtschaft unterstützen wird im zweiten Teil diskutiert.
Gastbeiträge spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung unserer Redaktion wider.