Seit dem Frühjahr 2020 lädt die Helmholtz-Gemeinschaft regelmäßig politische Akteur*innen zu virtuellen Gesprächsrunden rund um die Corona-Pandemie ein. Oliver Scheele, Referent für politische Kommunikation, spricht im Interview darüber, warum das Format für ihn erfolgreich ist und was man daraus für die Politikberatung in der Zukunft lernen kann.
Ad-hoc Politikberatung, aber ohne politischen Diskurs
Herr Scheele, was genau passiert im digitalen Corona-Informationsformat für die Politik der Helmholtz-Gemeinschaft?
Kurz gesagt bringen wir in unserem „Corona-Update“ Abgeordnete aus dem Bundestag und deren Mitarbeiter*innen mit Wissenschaftler*innen in einem virtuellen Raum zusammen. Wir organisieren dafür rund alle zwei Wochen eine Videokonferenz, in der zwei Expert*innen zu einem bestimmten Aspekt der Corona-Pandemie Impulse geben. Das sind ganz kurze Vorträge ohne Folien. Danach öffnen wir die Runde für Fragen und Diskussion. Es ist also ein Informationsangebot, das auf einer persönlichen Ebene Austausch zwischen Wissenschaft und Politik ermöglicht.
Wen laden Sie dazu genau ein?
Bundestagsabgeordnete aus den relevanten Fachausschüssen, die sich mit den Themen rund um Forschung zur Corona-Pandemie beschäftigen und deren Mitarbeiter*innen. Dazu gehören neben dem Gesundheitsausschuss auch die Ausschüsse für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung; Wirtschaft und Energie sowie der Haushaltsausschuss. Die Mitglieder der genannten Ausschüsse laden wir aktiv ein. Gleichzeitig geben wir auch die Möglichkeit, die Einladung weiterzuleiten. Es ist also in dem Sinne kein exklusives Format. Alle Bundestagsabgeordneten sind willkommen und wir sind gerne für sie ansprechbar.
Warum liegt der Fokus hier auf der Bundesebene, wenn die Coronapolitik doch auch in den Ländern ausgestaltet wird?
Dieses Angebot ergänzt unsere bewährten Informationsangebote. Die einzelnen Helmholtz-Zentren haben bereits vielfältige Austauschformate oder Angebote der Politikberatung, auch auf Länderebene, und wir wollen nichts ersetzen, das es schon gibt. Das Parlament informiert sich ja zunächst einmal im Rahmen von Anhörungen und Gesprächen mit Fachleuten. Da gibt es also bereits bestehende Formate und auch unsere Expert*innen werden dazu eingeladen.
Wie wählen Sie die Wissenschaftler*innen aus, die dabei sind?
Als wir das Format konzipiert haben, war klar, dass wir kurzfristig auf die Bedarfe der Abgeordneten eingehen wollen. Deshalb besetzen wir diese Runden immer recht kurzfristig. Diese Flexibilität haben wir beibehalten und machen damit gute Erfahrungen. Es gibt bereits vielfältige Informationsangebote rund um das Virus und auch zu epidemiologischen Fragen. Jede*r Abgeordnete beschäftigt sich in dieser Zeit täglich mit der Corona-Pandemie. Das Thema allgemein ist also sehr präsent. Die Frage ist deshalb immer: Was sind Themen, die für die Politik aktuell interessant und dringend sind? Welche Informationsbedarfe gibt es derzeit? Haben wir die richtige Expertise innerhalb von Helmholtz oder laden wir Expert*innen anderer Organisationen ein?
Um welche Themen ging es bisher konkret?
Wann ist das Format für Sie erfolgreich?
Wir führen das Format bereits zum vierzehnten Mal durch und das Interesse ist immer noch groß. Die Abgeordneten stellen viele Fragen und wir haben immer eine gute Diskussion. Ich würde den Erfolg in so einem Projekt nie quantitativ definieren. Wir haben hier das Ziel, diejenigen zu erreichen, die bestimmte Informationen haben möchten. Solange die dabei sind, mir nicht nach einer halben Stunde die Fragen ausgehen und ich danach im besten Fall das Feedback bekomme, dass es sie weitergebracht hat, dann kann ich das als Erfolg verbuchen. Egal ob ich drei, fünfzehn oder fünfzig Personen erreicht habe.
Welches Feedback haben Sie bisher bekommen?
Welche Erfahrungen nehmen Sie für andere Themenbereiche mit?
Aus der Corona-Pandemie kann man eine ganze Menge lernen für die politische Kommunikation. Dazu gehört, dass die ganze Welt jetzt an Videokonferenzen gewöhnt ist. Unsere Expertise, nicht nur bei Helmholtz, ist über die ganze Republik verteilt. Was wir gelernt haben, gerade bei aktuellen Themen, ist: Wir brauchen nicht immer eine umfassende, monatelange Vorplanung, sondern wir können mit den digitalen Meetingtools sehr viel schneller Formate konzipieren, die Expertise mit Politik zusammenbringen. Wenn die richtigen Leute zusammenkommen, man die richtigen Impulsgeber*innen hat und die richtige Zeit auswählt, kann man konstruktiven Austausch niederschwellig ermöglichen. Vielleicht haben wir eine Chance, mit diesen Instrumenten auch in Zukunft Ad-hoc Menschen zusammenzubringen. Wenn es bei Corona funktioniert, warum sollte es dann nicht bei Themen wie Mobilität auch funktionieren? Ein Knackpunkt wird sein, den richtigen Zeitpunkt für solche Formate zu wählen.
Wann ist ein guter Zeitpunkt für solche Formate der Politikberatung?
Wie geht es weiter mit dem Format?
Solange der Informationsbedarf da ist, wir positives Feedback bekommen und uns die Themen nicht ausgehen, machen wir weiter. Wir freuen uns aber auch, wenn der Informationsbedarf zu Corona nicht mehr so hoch ist, weil die Pandemie ausläuft. Irgendwann kommt dann hoffentlich der Punkt, an dem wieder andere Themen im Vordergrund stehen.