Foto: Sid Saxena

Welche Strategien empfinden Sie als effektiv für die wissenschaftliche Politikberatung?

Dies wollten wir in unserer Umfrage zum Schwerpunkt Wissenschaft und Politik wissen. Die Bandbreite der Antworten war groß und reichte von der Definition der Rolle der Wissenschaft hin zu Vorschlägen für strukturelle Veränderungen. Teil drei der Auswertung.

Insgesamt 139 Personen haben sich an unserer Umfrage im Schwerpunkt beteiligt. Eingeladen hatten wir dazu hier auf der Seite, bei Twitter sowie beim Forum Wissenschaftskommunikation. Auch wenn die Stichprobe nicht repräsentativ ist, so können wir mit der Auswertung dennoch einen Einblick in die Standpunkte der Community zum Austausch zwischen Wissenschaft und Politik gewinnen.

Im ersten Teil der Umfrage haben wir vor allem den Status quo wissenschaftlicher Politikberatung abgefragt. Die Auswertung dazu ist hier zu finden. Dort ist auch aufgeschlüsselt, welche Menschen mit welchen professionellen Hintergründen und Erfahrungen im Bereich der Politikberatung an der Umfrage teilgenommen haben.

Dieser Artikel beschäftigt sich nun mit der Auswertung der ersten von zwei zusätzlichen offenen Fragen der Umfrage: Welche Strategien empfinden Sie als effektiv für die wissenschaftliche Politikberatung? Beantwortet wurde die Frage von insgesamt 55 Personen, also von knapp 40 Prozent der insgesamt an der Umfrage teilnehmenden 139 Personen.1 Die Auswertung der weiteren offenen Frage – Was wünschen Sie sich für die Zukunft der wissenschaftlichen Politikberatung? – ist an dieser Stelle zu finden.

Grafik: Christopher Gripp

Direkter Austausch

Am häufigsten wurde von den Befragten (22 Prozent, n = 12) Austausch und Dialog als Strategie genannt. Oft genannt wurde hier zudem, dass dieser Dialog und Austausch „direkt“ und „unmittelbar“ sein soll. Ebenso werden explizit „persönliche“ und „Eins-zu-eins-Gespräche“ genannt sowie die Notwendigkeit der „Förderung“ von entsprechenden Räumen, die diese Form des Austauschs ermöglichen.

Netzwerk aufbauen

Fast ebenso viele Personen (20 Prozent, n = 11) nennen den Aufbau eines Netzwerkes als Bedingung für eine funktionierende wissenschaftliche Politikberatung. Sicherlich gibt es hier einige Überschneidungen mit den Antworten, die dem Bereich „Direkter Austausch“ zugeordnet wurden. Qualitativ liegt der Unterschied allerdings darin, dass in diesen Antworten nachdrücklich ein „langfristiger“, „kontinuierlicher“ sowie „regelmäßiger“ Austausch als Strategie genannt wird. Ebenso ging es bei diesen Antworten im Kern weniger um den Dialog zwischen einzelnen Kontakten, sondern ausdrücklich um den Dialog zwischen „Vielen“ im Rahmen eines – dieser Begriff wurde hier auch mehrfach genannt – „Netzwerkes“.

Strukturelle Änderungen

Der dritte in den Antworten angesprochene Themenbereich (18 Prozent, n = 10), umfasst den Wunsch nach „Strukturellen Änderungen“ („Netzwerk“ wurde wegen der Häufigkeit gesondert behandelt). Vielen Antworten in diesem Cluster ist gemein, dass sie die Rolle der Wissenschaft im Beratungsprozess skizzieren. Ihre Funktion der – dies wurde unter anderem genannt – „Analyse“ und „Einordnung“, kann sie nur dann erfüllen, wenn die Freilegung und Übermittlung der „Expertise“ strukturell erleichtert wird. Genannt werden hier etwa häufigere „Expertenbegutachtungen von Ergebnissen und Transfer in das Politiksystem“, mehr Trendermittlungen in zum Beispiel „Experten Delphis“ sowie die regelmäßige „Bündelung von Expertise in Fachpanels“.

Öffentlichkeitsarbeit

„In einer Demokratie sollten unterschiedliche wissenschaftliche Ansätze öffentlich diskutiert werden.“ Das ist vielleicht die Quintessenz der Antworten , die sich unter „Öffentlichkeitsarbeit“ (13 Prozent, n = 7) zusammenfassen lassen. Wissenschaftliche Erkenntnisse sollten „öffentlichkeitswirksam“ berichtet werden. Und zwar – so ein Vorschlag – in einer „Kombination aus vertraulichen Gremiensitzungen und öffentlichem Endbericht“. Als Kanäle für diese Kommunikation wurden zum Beispiel „Pre-Prints“ genannt, aber auch „digitale Medien“ sowie „Social Media“.

In vier weiteren Antworten (7 Prozent) wurde als weitere Maßnahme der Öffentlichkeitsarbeit die „Stellungnahme“ genannt. Wissenschaft solle, so der Konsens dieser Antworten, „aktiv erläut[ern] warum sie so agiert, wie sie agiert“ und zwar auch in „kurzfristigen“ oder „Ad-hoc-Stellungnahmen“.

Und dies auch in Krisen. Weitere drei Antworten (6 Prozent) – in der Übersicht unter „Reaktionsfähigkeit“ gefasst – nennen die „spontane Einbeziehung“ der Wissenschaft „bei aktuellen Vorkommnissen“ oder die „Beratung in Krisen“. Hierbei sei, so eine weitere Antwort, die „objektive Auswahl und Zusammenstellung von Expertengremien“ zu beachten.

Formate

An den Komplex „Öffentlichkeitsarbeit“ anknüpfend, wurde in einigen Antworten (11 Prozent, n = 6) auch über die Art und Weise der Kommunikation nachgedacht. Denn wenn diese Kommunikation „zielgruppengerecht“ sein soll, so müsse auch über das entsprechende Vermittlungsformat nachgedacht werden, etwa mittels einer „Bedarfsanalyse: Wer braucht welche Information und in welchem Umfang?“. Konkret wurden neben klassischen „hochrangig besetzten Veranstaltungen“ oder „Vorträgen und Pressekonferenzen“ etwa auch die „Präsentation von Ergebnissen in Narrativen, die an politische Aushandlungsprozesse anschlussfähig sind und gegebenenfalls Kompromisse ermöglichen“ genannt. Ein weiterer Vorschlag war die Einrichtung „dauerhafter Austauschplattformen“.

Transparenz

Mehrfach genannt wurde außerdem das Thema „Transparenz“ (9 Prozent, n = 5). Neben der Kommunikation an sich, die transparent gestaltet werden solle, geht es in den Antworten auch darum, „unterschiedliche Sichtweisen [zu] erlauben, und transparent dar[zu]stellen“. Auch genannt wurde die transparente Selbstkritik, etwa das „Aufmerksam machen auf Defizite“.

Interdisziplinarität und weitere Antworten

Zwei weitere Antworten (4 Prozent; in der Übersicht als eigener Punkt) beziehen sich zuletzt noch auf „Interdisziplinarität“: Die Beratung sollte „idealerweise“ durch „interdisziplinäre Gruppen“ geschehen.

Ein kleiner Einblick soll noch gegeben werden in die weiteren Antworten (18 Prozent, n = 7), die sich keinem der bisherigen Themenbereiche zuordnen ließen. Sie beziehen sich auf verschiedene Bausteine wissenschaftlicher Politikberatung: Genannt wurde hier unter anderem eine nötige generelle „Ambiguitätstolerenz“, die „Differenzierung zwischen peer-reviewed Daten und Interpretation“ sowie die Durchführung von „Stakeholder-Workshops“. Auch hingewiesen wurde auf eine mögliche „Grundausbildung in der Schule zu grundlegenden wissenschaftlichen Methodiken“ als eine grundlegende Voraussetzung.


Weitere Beiträge zur Auswertung der Umfrage