Mit dem Programm „Rocking Science Journalism“ bietet das Media Lab Bayern dem Wissenschaftsjournalismus eine Mischung aus Labor und Spielwiese an, aus dem neue Produkte und innovative Konzepte entstehen können. Was sich hinter dem Angebot verbirgt, erklären Pia Lexa und Simone Friese vom Media Lab.
Ein Experimentierfeld für den Wissenschaftsjournalismus
Was ist das Media Lab Bayern?
Friese: Das Media Lab ist ein Innovationshub für digitale Medien: Zum einen fördern wir Gründer und Startups, zum anderen helfen wir auch bereits bestehenden Medienhäusern dabei, innovativer zu werden. Ganz generell richten wir uns auch an alle kreativen Talente, die innovative Projekte starten möchten, im Bereich digitaler Journalismus und digitale Medien.
Was ist das „Rocking Science Journalism“-Programm, welches ihr nun anbietet?
Friese: Das Programm bieten wir zusammen mit der Robert Bosch Stiftung an. Es ist eine Förderung speziell für Wissenschaftsjournalistinnen und -journalisten, die ein innovatives Projekt vorantreiben möchten.
Das Programm besteht aus zwei Teilen: dem Research & Development Fellowship und der Media Lab Summer School. Wir richten uns damit an zwei verschiedene Zielgruppen: Das R&D Fellowship richtet sich an Talente mit Berufserfahrung im Bereich Wissenschaftsjournalismus, die ein Projekt starten möchten und bereits erste Ideen zu einer unserer Challenges haben. In den zwei Monaten bekommen sie nicht nur einen Arbeitsplatz bei uns und einen Zuschuss, sondern mithilfe von Coachings im Bezug auf Innovationsmethoden und Produktentwicklung auch konkrete Hilfestellung beim Lösungsansatz. Am Ende werden die Ergebnisse publiziert und es besteht die Möglichkeit zur Ausgründung, um das Projekt weiterzuverfolgen.
Darüber hinaus – mit der Summer School – richten wir uns an alle Media-Pioniere, mit oder ohne Berufserfahrung in diesem Bereich. Innerhalb von einer Woche werden hier in interdisziplinären Teams Lösungsansätze erarbeitet. Die nächste Summer School findet voraussichtlich vom 10. bis 14. August im Media Lab Ansbach statt.
Das Programm lief schon einmal 2018, aber diesmal gibt es einige Änderungen. Welche sind das?
Lexa: Vor zwei Jahren richtete sich das Programm nur an Wissenschaftsjournalistinnen und -journalisten. In diesem Jahr bieten wir das zweiteilige Programm an und es findet quasi parallel zu regulären Media-Lab-Angeboten statt. Dadurch sind die Wissenschaftsjournalistinnen und -journalisten nicht mehr unter sich, sondern zusammen mit den anderen R&D Fellows oder den anderen Gründerinnen und Gründern aus der Summer School in einem Programm. Davon erhoffen wir uns höhere interdisziplinäre Austausch- und auch mehr Inspirationsmöglichkeiten.
Im vergangenen Programm suchten wir noch konkret Personen mit Gründungsabsicht. Jetzt wollen wir einfach jeden ansprechen, der im Bereich Wissenschaftsjournalismus ein Problem seitens der Nutzerinnen und Nutzer sieht. Das bildet sich auch in unseren Challenges ab.
Was genau hat es denn mit diesen „Challenges“ auf sich? Wie läuft die Arbeit dann letztendlich ab?
Lexa: Wir erhoffen uns durch diese Einteilung eine bessere Übereinstimmung zwischen den Ideen, die draußen entstehen und den tatsächlichen Herausforderungen, vor denen die Medienhäuser stehen. Wir glauben, dass auf diese Weise die Branche näher zusammenkommen kann. Dafür gibt es die verschiedenen Challenges. Um diese zu benennen, haben wir aktuelle Herausforderungen und Trends in der Branche beobachtet. Das sind zum Beispiel Personalisierung, Scientific Literacy, Digitalisierung und Nachhaltigkeit und dergleichen mehr. Insgesamt haben wir uns auf zehn Challenges für diese zweite Runde des Programms festgelegt.
Der Sinn des R&D Fellowships ist, dass bestimmte Problemfälle oder Herausforderungen einfach erst einmal erforscht werden und mögliche Lösungen ausprobiert werden können. Es sollen Experimente durchgeführt werden. Dafür sind die Challenges da, denen sich die R&D Fellows stellen können.
Weshalb fördert ihr gerade Wissenschaftsjournalismus in einem extra Programm?
Lexa: Tatsächlich ist es die einzige thematische Förderung, die wir anbieten. Das hat sich zunächst einmal einfach aus der Kooperation mit der Robert Bosch Stiftung ergeben. Es fügt sich aber sehr gut in unsere Arbeit ein und wir finden, diese Grundproblematik beziehungsweise die Herausforderung, ein relativ komplexes Themenfeld wahrheitsgemäß und verständlich an eine breite Leserschaft zu bringen, äußerst spannend. Und da wir hier im Hause einfach solche Herausforderungen lieben, passt das einfach. Außerdem bietet das Digitale natürlich ganz viele spannende Beschäftigungsfelder für Wissenschaftjournalistinnen und -journalisten an, es gibt da sicher eine ganze Menge an Produkten, die man noch erfinden kann.
Wie sähe denn am Ende ein erfolgreiches Projekt – oder Produkt – aus?
Lexa: Das ist ganz unterschiedlich. Die Projekte aus 2018 waren allesamt sehr spannend und auch erfolgreich. Auch, wenn sie eben zum Teil gar nicht mehr existieren, oder am Markt keinen Bestand hatten. Denn allein die Reise, auf die sich die Teilnehmenden begeben haben, ist unglaublich wertvoll. Letztlich ist auch genau das der Sinn des R&D Fellowships: dass man einfach diese Lernerfahrungen machen und dabei sich selbst und seine Ideen ausprobieren kann. Der wichtige Nebeneffekt ist, dass die gemachten Ergebnisse dem Ökosystem Wissenschaftsjournalismus zufließen und die Branche als Ganzes voranbringen können.
Friese: Die Ergebnisse werden – auch was Rocking Science Journalism betrifft – am Ende zugänglich gemacht. Es entsteht quasi ein Crowdsourcing-Wissen, von dem jedes Medienhaus, jede Publikation profitieren kann. Auch Menschen mit Gründungsabsichten können davon profitierten und aus den Ergebnissen ersehen, was vielleicht schon versucht wurde und ob es sich lohnt, selbst dieses oder jenes Experiment zu wagen.
Ist man nach dem Programm dann auf sich allein gestellt?
Lexa: Nein, wir bleiben natürlich mit allen Alumni in engem Kontakt, sofern sie es denn wollen, aber das wollen natürlich die meisten. Und es gibt eine große Slack-Community, da ist man automatisch drin. Für die Teams vor Ort besteht dazu auch weiterhin die Möglichkeit, in unserem Coworking-Space zu arbeiten. Für die Teams, die nicht vor Ort sind, besteht natürlich immer die Möglichkeit, dass sie uns kontaktieren und das nutzen auch viele. Es gibt also schon einen anhaltenden und regelmäßigen Austausch.
Friese: Generell sind alle unsere Programme auch geleitet von einer Netzwerktätigkeit und die Kontaktvermittlung ist sehr wichtig. Wir haben eigentlich Kontakte zu allen großen Medienhäusern in Deutschland und auch da im Bereich Wissenschaftsjournalismus – gerade auch durch die Robert Bosch Stiftung, die ja auch als Partner an Bord ist. Der Benefit des Programms ist eben auch, dass man über unsere Kanäle seine Ideen und Ergebnisse verbreiten kann.
Es besteht auch bezüglich unserer anderen Programme die Möglichkeit, dass man weiter an seiner Idee arbeiten kann. Im besten Fall, wie zum Beispiel bei unserem Media-Startup-Fellowship, sogar hin bis zu einer Ausgründung, einem Startup. In unserem neunmonatigen Mentorenprogramm kann man das vom Prototypen bis zum marktfertigen Produkt entwickeln. Das ist aber nicht unbedingt Ziel des Rocking-Science-Programms. Uns reicht, wenn das Wissen und die Ergebnisse mit der Community geteilt werden.
Bis wann kann man sich noch bewerben und was sind die Auswahlkriterien?
Friese: Die Bewerbungsfrist läuft noch bis zum 30. März, je nach Bewerbungsstand ist es möglich, dass wir diese Frist noch einmal verlängern oder erneut ausschreiben. Im Moment haben wir allerdings schon sehr viel versprechende Bewerbungen, also wer Interesse hat, sollte sich unbedingt bis spätestens 30. März bewerben. Vom zeitlichen Verlauf her ist es für die Teilnehmenden recht flexibel. Optimal für uns wäre, wenn wir dann im Mai mit den ersten Teilnehmenden starten könnten, da richten wir uns aber nach ihnen.
Lexa: Hinsichtlich der Auswahlkriterien ist für mich zentral, dass die richtige Passung zwischen den Challenges besteht, die sich die Teilnehmenden ausgesucht haben, und ihrer Erfahrung. Wir schauen uns natürlich genau an, was die Person schon vorher gemacht hat. Wir suchen ganz konkret nach Menschen mit Erfahrungen im Bereich Wissenschaftsjournalismus und/oder dem Bereich, in dem sie das R&D Fellowship absolvieren – fünf Jahre Berufserfahrung setzen wir voraus. Denn wir wollen, dass dieses zweimonatige Experiment gut an das anknüpft, was die Branche gerade braucht. Natürlich schauen wir auch auf Motivation und Leidenschaft.
Und was ist, wenn ich keine Berufserfahrung aber kreative Ideen habe?
Lexa: Bei der Media Lab Summer School im August können sich auch all diejenigen bewerben, die noch keine weitreichenden Erfahrungen haben. Tatsächlich braucht es auch noch keine fertige Idee. Wir richten uns vielmehr an Menschen, die einfach eine Leidenschaft für Wissenschaftsjournalismus und Lust auf ein innovatives Projekt haben; und die einfach mal gucken wollen, was daraus werden könnte.
Es richtet sich an alle, die etwas in den Medien bewegen wollen. Egal, ob Studierende, Freiberufliche oder festangestellte Berufserfahrene. In der Woche wird es zunächst darum gehen, ein Team zu entwickeln und mit diesem Team von der Idee zum Prototypen zu kommen. Das Projekt gab es bereits letztes Jahr – und wir waren sehr begeistert, was in dieser kurzen Zeit alles entwickelt wurde.