„Teilhabe, Zusammengehörigkeit, Weltoffenheit“: Nicht zuletzt für die konsequente Vermittlung dieser Werte wurde die TU Chemnitz 2019 mit dem Preis für Hochschulkommunikation ausgezeichnet. Rektor Gerd Strohmeier und Pressesprecher Mario Steinebach sprechen über ihre Zusammenarbeit und das Konzept der „TUC-Familie“.
„Vermitteln, wofür eine Hochschule steht“
Herr Strohmeier, Herr Steinebach, Ihre Universität hat den Preis für Hochschulkommunikation gewonnen. Was bedeutet das preisgekrönte Motto „Intern kommunizieren – nach außen wirken“ für Sie?
Strohmeier: Ich denke, das Motto trifft unsere Devise in der Hochschulkommunikation sehr gut. Für eine erfolgreiche Hochschulkommunikation ist beides wichtig: die Kommunikation nach innen und die Kommunikation nach außen. Zu Beginn unserer Amtszeit vor mehr als drei Jahren haben wir uns mit Blick auf die Hochschulkommunikation verschiedene Ziele gesetzt – unter anderem die Kommunikation nach innen und nach außen erheblich auszubauen, um die Transparenz, die Partizipation und die Identifikation zu steigern. Manchmal stellt man mit einem Blick auf die Hochschullandschaft fest, dass das eine zu Lasten des anderen vernachlässigt wird – und genau das wollten wir vermeiden.
Steinebach: Für uns steht das Motto schon seit langem über unserer täglichen Arbeit und für uns alle ist klar, dass eine intensive interne Kommunikation die Basis für eine starke Außenkommunikation ist. Hochschulkommunikatorinnen und -kommunikatoren übernehmen dabei heute eine immer wichtiger werdende Mittlerfunktion, so führen auch wir die Mitglieder der TU Chemnitz zusammen, um das Identitätsgefühl mit unserer Uni zu stärken. Auch so können Studierende sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu guten Botschafterinnen und Botschaftern ihrer Universität werden.
Sie haben darüber hinaus in dem Konzept „TUC-Familie“ Werte für die Universität definiert. Wie ist es dazu gekommen und was genau bedeutet das?
Strohmeier: Das Konzept ist nicht auf dem Reißbrett entstanden, sondern ist das Resultat eines Prozesses, an dessen Ende der aus meiner Sicht sehr passende Name „TUC-Familie“ entstanden ist. Ich finde den Vergleich unserer Universität mit einer Familie sehr passend, da es viele Parallelen gibt. Unsere Universitätsfamilie ist, wie jede gewöhnliche Familie, keineswegs immer einer Meinung – und das ist sehr gut so! Der Bundespräsident hat unlängst bei der Hochschulrektorenkonferenz völlig zu Recht die Bedeutung einer gelungenen Streitkultur betont. Unsere Universitätsfamilie hält aber, wie jede gute Familie, zusammen, wenn sie zusammenhalten muss. Das hat sie vor allem nach den schrecklichen Ereignissen im August 2018 sehr gut bewiesen. Es wurde deutlich, dass die TU Chemnitz eine äußerst internationale, weltoffene und tolerante Universität ist, die diese Grundsätze nach innen lebt und selbstbewusst nach außen trägt.
Wie kann man das als Kommunikationsabteilung unterstützen?
Steinebach: Es ist so, dass wir sehr viele Formate entwickelt haben, die sich an unterschiedliche Zielgruppen richten und an denen die Studierenden sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch teilhaben können. Das gilt beispielsweise für unsere Social-Media-Kanäle ebenso wie für den internen Newsletter TUCinside. Instagram-Takeovers sind zudem ein fester Bestandteil unseres Formate-Portfolios, sie integrieren die unterschiedlichen Akteure an der Uni in die Kommunikation und vermitteln so individuelle Einblicke in das Leben an der TU Chemnitz. Und das Podcast-Format „TUCpersönlich“ zeigt zum Beispiel Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter regelmäßig von einer persönlichen Seite. Solche Formate führen auch dazu, dass sich Menschen innerhalb der TUC-Familie kennenlernen und miteinander in Kontakt kommen.
Welche Rolle spielt die Kommunikationsabteilung für Sie als Rektor?
Strohmeier: Für uns ist die Kommunikation generell von äußerst großer Bedeutung, sonst hätten wir den Preis für Hochschulkommunikation sicherlich nicht gewinnen können. Es ist für uns sehr wichtig, dass die Pressestelle und Crossmedia-Redaktion strukturell weiterentwickelt wurde und unmittelbar an das Rektorat angebunden ist, was eine enge Abstimmung ermöglicht. Das ist insbesondere dann wichtig, wenn es zu Krisensituationen kommt und eine entsprechende Krisenkommunikation gefordert ist, wie nach den schrecklichen Ereignissen in Chemnitz im Jahr 2018. Dabei wurde unter anderem deutlich: Hochschulkommunikation ist weitaus mehr als nur die Vermittlung von Wissen und Forschungsergebnissen. Es geht auch darum zu vermitteln, wo eine Hochschule steht – wofür sie steht und wofür sie nicht steht.
Was macht denn für Sie eine gute Zusammenarbeit zwischen Kommunikation und Rektorat aus und wie sieht diese im Detail aus?
Strohmeier: Es ist absolut wichtig, dass man sich aufeinander verlassen kann. Ohne Vertrauen funktioniert eine erfolgreiche Zusammenarbeit nicht. Entscheidend ist außerdem, dass man sich die Meinung sagt – und sagen kann, was eine entsprechende Kritikfähigkeit voraussetzt. Hinzu kommt manchmal auch eine gewisse Leidensfähigkeit auf Seiten des Pressesprechers, wenn sich der Rektor zu stark in seine Angelegenheiten einmischt (lacht). Darüber hinaus spielt es eine große Rolle, dass man als Team auftritt. Deshalb war es mir auch wichtig, auf der Bühne in Hamburg als Team aufzutreten und den Preis für Hochschulkommunikation gemeinsam entgegenzunehmen. Zudem ist es natürlich wichtig, dass man trotz aller anderen Verpflichtungen permanent im Kontakt steht und sich miteinander abstimmt. Das gilt natürlich in besonderer Weise in Krisensituationen.
Verändern Ereignisse wie die aus dem August 2018 Ihre Arbeit?
Strohmeier: Man darf sich von solchen Ereignissen auf keinen Fall lähmen lassen, sondern muss schnell entscheiden und reagieren. Das ist uns mit verschiedenen Formaten, denke ich, ganz gut gelungen. Uns war klar, dass wir neben der Reaktion über Twitter, dem offenen Brief und der Information für besorgte Studierende, Studieninteressierte und deren Angehörige mehr machen müssen. Das haben wir mit der Kampagne #WirSindChemnitz getan. Eine Situation wie Ende August 2018 in Chemnitz ist eine absolute Ausnahmesituation, in der man sich auf der einen Seite wie der einsamste Mensch auf der Welt fühlt, auf der anderen Seite aber von unzähligen Menschen gesagt bekommt, was man jetzt unbedingt tun beziehungsweise nicht tun sollte. Wichtig ist dann, einen kühlen Kopf zu bewahren, sich in einem kleinen Kreis über die richtige Strategie auszutauschen und diese dann konsequent umzusetzen.
Steinebach: Das Konzept der TUC-Familie dient auch dazu, in solchen Momenten eine gewisse Sicherheit zu haben, um professionell reagieren zu können. Die bereits vorhandenen Instrumente und Strukturen unserer internen und externen Kommunikation haben eine schnelle Reaktion erleichtert. Wir haben damals ja sehr spontan ein Kampagnenvideo gedreht und da hat sich bemerkbar gemacht, dass wir wirklich eine Familie sind und alle, die wir am Drehtag gefragt haben, ob sie uns unterstützen, waren sofort bereit, mitzumachen. Das funktioniert nur, wenn die Vernetzung an der Uni stimmt. Es war außerdem enorm wichtig, dass wir Expertinnen und Experten aus der Sozialpsychologie und der Politikwissenschaft zu dem Thema hier vor Ort hatten, die die Ereignisse einordnen konnten – auch für internationale Medienvertreterinnen und Medienvertreter.