Bild: Florian Freistetter

365 Tage Astronomie via Instagram

Mit liebevoll gezeichneten Kreidebildern erzählt „365 Tage Astronomie“ auf Instagram die Geschichte des Weltalls. Ein Gespräch mit dem Astronomen Florian Freistetter über Hintergründe und Ziele seines Projekts.

Herr Freistetter, Sie haben vielseitige Wege gefunden, die Astronomie in die Welt hinaus zu tragen. Dieses Jahr veröffentlichen Sie auf Ihrem Instagram-Kanal täglich einen Beitrag zum Thema. Wieso dieser neue Ansatz?

Ich verstehe es als Teil meines Jobs als freier Wissenschaftskommunikator, dass möglichst viele Menschen von der Astronomie erfahren. Bei meinen allgemein verständlichen Vorträgen an Sternwarten kommen vor allem Leute, die bereits Interesse für das Thema mitbringen. Das ist auch bei Beiträgen in Zeitschriften, beim Podcast „Sternengeschichten“ oder bei den Shows, die ich mache, nicht anders. Das ist erst mal gut so, denn diese interessierten Menschen brauchen Inhalte, die sie konsumieren können. Ich habe mich aber gefragt, wie man Leute erreichen kann, die noch gar nicht wissen, dass sie das alles toll finden.

Florian Freistetter ist ein promovierter Astronom, der an der Sternwarte in Jena und dem Astronomischen Rechen-Institut in Heidelberg arbeitete. Über seinen Weg in die Wissenschaftskommunikation berichtete er bereits in unserem Jobprofil. Dieses Jahr hat er nicht nur ein neues Buch veröffentlicht „Eine Geschichte des Universums in 100 Sternen“), sondern erklärt auch mit „365 Tage Astronomie“ via Instagram täglich die Grundlagen der Astronomie. Foto: Florian Freistetter

Und die Antwort war, Instagram als Medium zu wählen?

Medien und auch die Mediennutzung ändert sich ja schneller, als es früher der Fall war. Ich hatte das Gefühl, dass gerade die jüngere Generation immer mehr oder fast ausschließlich bei Instagram unterwegs ist und dort noch nicht oft genug mit Wissenschaft in Kontakt gekommen ist. Instagram war für mich neu. Wenn dort aber Leute sind, denen man was erzählen kann, dann will ich es auch dort erzählen – und nicht woanders, wo niemand zuhört. Auch mein Blog war anfangs ein Experiment, mein Podcast ebenso. Ich wollte so etwas trotzdem immer einfach machen, um meine Komfortzone zu erweitern. Instagram ist insofern noch mehr ein Experiment, weil es ein sehr visuelles Medium ist. Von meiner Arbeit her bin ich aber eher textbasiert und gar nicht so gut im Zeichnen oder Fotografieren.


Warum haben Sie
selbst gezeichnete Kreidebilder gewählt?

Gründe für Kreide sind, dass es schneller und einfacher geht. Und Kreide verzeiht eher, wenn man nicht so gut malen kann. Mein Stil und mein Anspruch ist eher der von Kindern, die mit Kreide ein Bild auf die Straßemalen. Der meiste Text wird erst nachträglich digital ergänzt. Durch diese bunten, farblich abgehobenen Textabschnitte wird ein Kontrast zum Kreidebild geschaffen.

Wie lässt sich Astronomie in 365 Tagen erklären?

Florian Freistetter nutzt Instagram und Kreidebilder, um die Grundlagen der Astronomie zu vermitteln. Bild: Screenshot des Instagram Kanals von Florian Freistetter (@Astrodicticum)

Weil nur wenig Information in ein Bild passt, habe ich mir überlegt, mit dem absoluten Fundament anzufangen. Der erste Beitrag war beispielsweise die Information, dass die Sonne ein Stern ist. Astronomisch gesehen sind das Grundkenntnisse, dennoch wissen viele Menschen das nicht. Alles ist so aufgebaut, dass es egal ist, ob man beim ersten Bild oder bei Bild 217 anfängt. Jedes kann für sich alleine stehen und man benötigt kein Vorwissen, um es zu verstehen.

Weil es aber mehr zu sagen gibt, als in ein Bild passt, hat es sich so eingespielt, dass ich meist thematische Blöcke abhandle. Einmal geht es um die Sonne, beim nächsten Mal um Asteroiden und so weiter. Die Texte schreibe ich vor, wenn ich Zeit habe. Meistens zeichne ich dann auch schon einen Block und mache an einem Tag zehn bis zwanzig solcher Bilder. Wer alle Beiträge am Ende des Jahres gesehen hat, kennt die Grundlagen der Astronomie.

Sie haben ja einige Bücher zum Thema publiziert. Werden Ihre Kreidezeichnungen ebenfalls den Weg in ein gedrucktes Buch finden?

In diesem Fall eher nicht. Ich habe dieses Projekt nur für Instagram geplant. Allerdings habe ich überlegt, alle Beiträge am Ende des Jahres als PDF zur Verfügung zu stellen, falls jemand die Bilder verwenden will, etwa für einen Vortrag oder in der Schule.

Sie verweisen bei Instagram für weiterführende Diskussionen auf Ihren Blog Astrodictium Simplex. Warum?

Ich wollte jedes Bild auch auf meinem Blog publizieren, auch für mich, weil es sich dort besser archivieren lässt. Ich dachte auch, dass dort eine Diskussion einfacher ist. Dabei stimmt das gar nicht. Die, die auf Instagram unterwegs sind, diskutieren auch dort.

Grundsätzlich gab es natürlich die Idee, dass meine Blogleser somit auf meinen Instagram-Kanal aufmerksam werden und meine Instagram-Kontakte zu meinem Blog finden. Meist überschneidet sich das aber gar nicht und die Medien laufen getrennt voneinander.

Sie bloggen, schreiben Bücher, halten Vorträge, haben einen Podcast und vieles mehr. Haben Sie ein Lieblingsmedium?

Das Schreiben ist das, was mir am leichtesten fällt und mir auch am meisten Spaß macht. Hier kann ich einfach eine Geschichte erzählen, so wie bei meinem letzten Buch „Eine Geschichte des Universums in 100 Sternen“. Wenn ich schreibe, habe ich allerdings keine direkte Interaktion mit den Leserinnen und Lesern und bekomme nur verzögert Feedback. Trete ich mit einem Vortrag oder im Theater auf, bekomme sofort eine Rückmeldung vom Publikum.

Auch mein Podcast „Sternenstunde“ ist so ein experimentelles Projekt, das mir großen Spaß macht und gut läuft. Menschen, die mich dort hören, fragen mich dann wiederum beispielsweise für Vorträge an. Bei Instagram habe ich viel gelernt und die Followerzahl steigt konstant an, innerhalb des laufenden Jahres hat sie sich mehr als vervierfacht. Also klappt auch dieses Experiment ganz gut.

Sie sind in der Kommunikation Autodidakt und probieren Dinge gerne einfach mal aus. Was für Tipps haben Sie für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die selbst mit dem Kommunizieren starten wollen?

Einfach machen und nicht alles zu Tode denken. Naturgemäß wollen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler alles planen. Man kann aber auch einfach mal überlegen, warum die eigene Wissenschaft cool ist, sich dann ein Medium aussuchen und loslegen.