Auf seinem YouTube-Kanal „Dr. Whatson“ bringt Cedric Engels Schülerinnen und Schülern sowie Studierenden komplexe Wissenschafsthemen nahe. Im Interview erklärt er, wie ihm das gelingt und warum man seinem Publikum wesentlich mehr zumuten kann, als man glaubt.
„Alle Forschenden sind YouTube-tauglich“
Wissenschaft und YouTube – wie passt das zusammen?
Sehr gut. YouTube bietet einem, im Vergleich zum Fernsehen, die komplette Freiheit. Man kann sich alle Zeit nehmen, die man braucht, um ein Thema detailliert zu erklären und muss sich nicht an Längenvorgaben halten. Man kann einfach mal Dinge ausprobieren und alle bekommen einen Sendeplatz. Außerdem erreicht man im Internet viel mehr wissbegierige, junge Menschen.
Welche Voraussetzungen muss ein Forschungsthema mitbringen, um für Youtube interessant zu sein?
Es gibt zwei Wege darüber nachzudenken: Zum einen ist Relevanz wichtig. Bevor ich ein Thema angehe frage ich mich: „Wieso betrifft mich diese Forschung? Wieso sollte sich das Publikum dafür interessieren?“ Aber auf der anderen Seite ist jedes Thema interessant. Das Internet hat gezeigt, dass jedes noch so nischige oder schräge Interesse eine Community, oder im Fall von Youtube ein Publikum, findet. Wenn man selber Begeisterung für ein Thema ausstrahlt, dann erkennt das Publikum diese Begeisterung und sieht, warum das Thema interessant ist.
Wie gelingt es Ihnen, komplexe Forschungsthemen so darzustellen, dass sie für ein junges Publikum auf YouTube interessant sind?
Ich versuche, die Videos im Grunde genommen für mich selbst zu machen. Welche Themen interessieren mich? Auf welches Video würde ich klicken? Welche Fragen würde ich gerne beantwortet haben? Die Themen, die ich behandle, faszinieren, weil sie einen Bezug zu den Zuschauenden herstellen. Ich spreche gerne über Zukunftstechnologien, weil sie unser Leben irgendwann verändern werden. Ich spreche über die großen Geheimnisse des Universums, weil wir uns alle fragen, wo wir herkommen und warum wir überhaupt existieren. Das sind Themen, über die mein Publikum und ich gerne nachdenken.
Bleibt dabei die Komplexität auf der Strecke?
Welche Zielgruppe erreichen Sie mit Ihren Videos?
Hauptsächlich Schülerinnen und Schüler sowie Studierende. Der Großteil meines Publikums ist zwischen 18 und 24 Jahren alt und kommt aus Deutschland. Leider schauen im Verhältnis viel zu wenige Frauen meine Videos. Das versuche ich noch zu ändern.
Warum ist es wichtig, auf YouTube über Wissenschaft zu sprechen?
Weil eine ganze Generation junger Menschen inzwischen nicht mehr fernsieht, sondern nur noch YouTube guckt. Wer inspiriert die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von morgen, in die Naturwissenschaften zu gehen, wenn nicht wir?
Welche Chancen ergeben sich daraus, auch für die Forschenden selbst?
Unglaublich viele. Ich denke, dass Wissenschaftskommunikation hier in Deutschland oft unterschätzt wird. Das liegt vermutlich sowohl an der Kultur als auch an den Strukturen. Forschungsergebnisse publizieren hat Priorität. Klar. Diese Ergebnisse der breiten Masse zu erklären und in einen Kontext zu setzen aber leider (noch) nicht. Dabei ist es ganz einfach, ein spannendes Video zu drehen, in dem man als Forschender selbst erklärt, warum die Wissenschaft wichtig ist.
Sind alle Forschenden YouTube-tauglich?
Wie begegnen Ihnen die Forschenden selbst: eher aufgeschlossen oder skeptisch?
Aufgeschlossen. Es ist inzwischen angekommen, dass YouTube nicht nur aus Katzenvideos besteht, sondern auch für wissenschaftliche Inhalte genutzt wird. Aber ich erlebe immer wieder, dass Forschende in Interviews um den heißen Brei herumreden oder sich hinter Fachwörtern verstecken. Ich habe oft das Gefühl, dass sie sich vorstellen, auf einer Konferenz vor Kollegen zu sprechen, die auch alle schon seit Jahren im selben Gebiet forschen. Stattdessen würde ich mir wünschen, dass sie sich vorstellen, das Thema ihrer 10-jährigen Nichte zu erklären. Oder vielleicht einem Freund auf einer Party, der noch nie etwas mit dem Thema zu tun hatte.
Gastbeiträge spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wider.