Mit einem Infoportal, Leitfäden und durch enge Zusammenarbeit von Rektorat und Hochschulkommunikation schaffte die Uni Hohenheim Transparenz in Sachen Tierversuch. Rektor Stephan Dabbert und Kommunikationsleiter Florian Klebs berichten im Interview über ihre Zusammenarbeit – im Alltag und in Krisenzeiten.
„Kommunikation bedarf Offenheit – auch in Krisenzeiten“
Herr Dabbert, Herr Klebs, was sind für Sie die wichtigsten Punkte für eine gute Zusammenarbeit zwischen Rektor und Pressesprecher?
Florian Klebs: Die wichtigsten Punkte sind sicher gegenseitige Verlässlichkeit, Vertrauen, Aufrichtigkeit und fachliche Kompetenz. Darüber hinaus ist es aus meiner Sicht wichtig, dass Kommunikation Chefsache ist und innerhalb der Universität sehr hoch angesiedelt wird. Im praktischen Alltag ist für mich gegenseitige Erreichbarkeit natürlich sehr wichtig und eine grundsätzliche Einigkeit darüber, wie transparent und offen Kommunikation zu gestalten ist. Auf Seite der Pressestelle ist Loyalität und eine hohe Identifikation mit der Universität wichtig. Ohne die können wir keine authentischen Aussagen treffen.
Stephan Dabbert: Aus meiner Sicht braucht es eine grundsätzliche Übereinstimmung bei Fragen der Transparenz und der Strategie und die haben wir. Gerade in Sachen Transparenz waren wir uns sehr einig, dass es in der Kommunikation einer großen Offenheit bedarf. Und das auch in Krisenzeiten, die wir hier durchaus schon erlebt haben. Außerdem ist es für mich wichtig, dass die Kommunikation untereinander direkt und schnell ist, gerade dann, wenn es kritisch oder eben politisch wird. Das bedeutet auch, dass wir ab und an zu etwas ungewöhnlichen Tageszeiten miteinander telefonieren.
Die Außendarstellung der Universität ist Sache des Rektors und insgesamt von großer Bedeutung. Das sieht man auch daran, dass es nur zwei Abteilungen gibt, die dem Rektorat direkt zugeordnet sind. Die Hochschulkommunikation und das Rektoratsbüro, das für die Strategie zuständig ist und im Alltag unterstützt. Außerdem ist natürlich Vertrauen ein ganz wichtiger Baustein unserer Zusammenarbeit. Auf seine Pressesprecherin oder seinen Pressesprecher muss man sich hundertprozentig verlassen können.
Bedeutet das, dass sie immer einer Meinung sind?
Dabbert: Keinesfalls. Herr Klebs hat ja einen fachlichen Zugang zum Thema Kommunikation, den ich nicht habe. Ich habe einen wissenschaftlichen beziehungsweise wissenschaftspolitischen Zugang zur Kommunikation und bin daher natürlich kein Experte für die richtige Umsetzung. Da schätze ich die ergänzende Perspektive, die Herr Klebs einbringt. Wichtig ist aber, dass wir am Ende unter Beachtung aller Expertisen etwas Gemeinsames entwickeln.
Ein besonders kritisches Thema für Ihre Universität sind Tierversuche. Wie sind Sie dieses Thema angegangen und wie lief die Zusammenarbeit in diesem Bereich?
Dabbert: Das Thema ist für uns schon immer sehr wichtig gewesen. Die Universität macht sehr viel Forschung im Life-Science-Bereich. Wir arbeiten mit sehr unterschiedlichen Tierarten und haben eine vielfältige Versuchstierhaltung. Deshalb brauchten wir unbedingt ein gemeinsames Konzept, wie wir mit dem Thema umgehen wollen. Nicht nur wir beide, sondern all jene, die an der Universität mit diesem Bereich in Berührung kommen.
Wir haben sehr intensiv darüber diskutiert, wie viel Transparenz möglich ist. Die Universität hat schließlich auch eine Fürsorgepflicht gegenüber den Beschäftigten, die in diesem Bereich arbeiten und befürchten, sie oder ihre Familien könnten bedroht werden, wenn zu offen zu dem Thema kommuniziert wird. Gemeinsam mit den Tierversuchsleiterinnen und -leitern haben wir uns dennoch entschieden, diese Offenheit zu wagen. Entscheidende Gründe waren, dass wir öffentlich finanziert sind und auch im Dienst der Öffentlichkeit arbeiten. Außerdem arbeiten alle Beteiligten mit der Überzeugung, mit ihrer Forschung zum Wohl der Menschheit beizutragen, weshalb sie sich nicht verstecken müssen. Und letztlich entspräche der Versuch, die Öffentlichkeit auszugrenzen, weder dem Zeitgeist noch der Philosophie der Universität.
Diese interne Einigung war der erste wesentliche Schritt und hat dazu geführt, dass wir Leitlinien zur Kommunikation von Tierversuchen erstellt haben. Das lief parallel zur Erstellung von Leitlinien zum allgemeinen Umgang mit Tierversuchen. Die Kommunikationsarbeit war dann quasi der nächste Schritt.
Klebs: Für uns in der Hochschulkommunikation haben diese strategischen Beschlüsse das Fundament für alles weitere gelegt. Drauf aufbauend haben wir das Portal zum Thema Tierversuche ausgearbeitet und weitere Kommunikationselemente erarbeitet. Dazu gehören zum Beispiel Diskussionsveranstaltungen zum Abschluss des einzigen Sezierkurses, Videos von Versuchen oder auch die absolute Transparenz innerhalb unserer Pressemitteilungen, in denen wir detaillierte Auskunft dazu geben, ob ein Forschungsergebnis durch Tierversuche gewonnen wurde und wie viele Tiere welcher Art auf welche Weise eingesetzt wurden.
Wie gehen Sie mit kritischen Stimmen um?
Wann würden Sie ins Spiel kommen, Herr Dabbert?
Dabbert: Wenn es politisch wird oder um die Gesamtstrategie geht. Mir geht es vor allem darum, dass wir nach außen klar machen, was wir tun. Manchmal muss eine solche Botschaft auch im Namen des Rektors ausgesendet werden. Dann bin ich da und jederzeit ansprechbar.
Klebs: In den meisten Fällen können wir selbst entscheiden. Aber es ist wichtig, dass ich mich bei Zweifeln immer an den Rektor wenden kann. Wir sprechen einmal die Woche fest miteinander und stimmen uns ab. Falls es einer Pressemitteilung bedarf, stimmen wir uns darüber kurz per E-Mail ab oder telefonieren.
Was sind andere Themenfelder, bei denen es einen besonders engen Austausch braucht?
Klebs: In einem Wort: Hochschulpolitik. Wenn sich Meldungen um Wissenschaft drehen, dann besteht eigentlich kein großer Abstimmungsbedarf mit dem Rektorat und vielfach wendet sich die Presse auch einfach direkt an unsere Forscherinnen und Forscher.
Dabbert: Wir wollen unsere Wissenschaft an die Öffentlichkeit vermitteln und das ist eine wichtige Aufgabe der Hochschulkommunikation. Egal auf welchem Weg. Diese Grundaufgabe ist eher krisenfrei, deshalb braucht es mich dabei nicht so oft. Themen, bei denen ich mich einschalten muss, werden meistens von außen an uns herangetragen. Das ist zum einen die Hochschulpolitik und zum anderen sind es auch interne Themen, wie beispielsweise Parkraummanagement, bei denen ich die Sichtweise der Universität vertreten muss. Dann sprechen wir darüber, wie man mit dem Thema umgehen sollte.
Insgesamt freut es mich aber, wie hoch bei uns der Anteil an Kommunikation ist, der sich nicht mit Krisen und politischen Themen beschäftigt, sondern mit unserer Kernarbeit, also der Kommunikation von Forschung und forschungsnahen Themen.
Was schätzen Sie am jeweils anderen?
Dabbert: An Herrn Klebs: Professionalität und absolute Verlässlichkeit, wenn man ihn braucht. Wir kommunizieren nicht ständig miteinander, aber wenn es etwas gibt, dann ist er da und sehr schnell in der Lage, eine Systematik für den Umgang mit einer bestimmten Situation zu entwickelt. Außerdem schätze ich, dass er bei Unsicherheiten fragt, auch wenn es nicht häufig notwendig ist. Hinzu kommt für mich, dass er einen anderen Blick auf die Welt hat als ich und das ist wichtig für mich, denn ich habe natürlich immer die Perspektive des Hochschulrektors auf die Dinge.
Klebs: Ich schätze an Herrn Dabbert neben der Gradlinigkeit und Offenheit vor allem auch die Qualität seiner Arbeit. Er ist aus meiner Sicht nicht umsonst der beliebteste Hochschulrektor des Landes und der Schlüssel dazu ist aus meiner Sicht, dass er sehr gute ideen hat, gut mit Menschen kommunizieren kann und immer ein offenes Ohr hat. Das spüre auch ich in der Zusammenarbeit.
Wie wichtig ist Wissenschaftskommunikation ganz allgemein für Sie?
Außerdem sind wir öffentlich finanziert und allein deshalb ist es unsere Pflicht zu erklären, was der Sinn unserer Forschung ist. Forschung hat schließlich ihren Preis. Das sind für mich die Gründe, weshalb Wissenschaftskommunikation sehr wichtig ist und für mich einen hohen Stellenwert hat.
Dazu braucht es Expertinnen und Experten, denn für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ist es nicht immer leicht, ihre Forschung mediengerecht oder für ein allgemein gebildetes Publikum zu transportieren. Wobei ich den Eindruck habe, dass viele immer besser werden und es heutzutage schon sehr gut können.