Der Aufruf des Siggener Kreises zu mehr Courage in der Wissenschaftskommunikation ist löblich und ehrenwert – aber reicht er? Ein Kommentar zum Impulspapier „Wissenschaft braucht Courage“ von Philipp Burkard, Leiter der Schweizer Stiftung Science et Cité.
Mehr Courage zur Veränderung – ja!
Als Wissenschaftskommunikator und politisch interessierter Mensch kann ich den Ergebnissen und Impulsen der fünften Tagung des renommierten Siggener Kreises zur Wissenschaftskommunikation über weiteste Strecken nur beipflichten. Die Darlegungen bringen konzentriert auf den Punkt, was in den letzten Jahren und gegenwärtig auch in der internationalen Community der Wissenschaftskommunikation diskutiert wird.
Die Crux liegt darin, dass vieles eigentlich bekannt ist (Man wüsste, was zu tun ist!) – dass aber die Veränderungen im oftmals sehr traditionell institutionalisierten Wissenschaftssystem langsam und zögerlich passieren. Um wirklich, wie es die Thesen unter anderem fordern, feste und nachhaltige „Strukturen“ für den Dialog mit der Bevölkerung zu schaffen, müssen (Fehl-)Anreize im Wissenschaftssystem geändert, bestehende Strukturen in Frage gestellt, und tatsächlich auch unwirksame Maßnahmen beendet werden. Nicht nur die hohe Anzahl wissenschaftlicher Publikationen, nicht nur Forschungserfolge, nicht nur PR-Hochglanzmagazine sind gefragt. Vielmehr geht es darum, Forschung auch als Prozess darzustellen; mitunter Schwierigkeiten zu erwähnen; transparent, selbstkritisch und gegebenenfalls auch bescheiden zu sein; Menschen aus Fleisch und Blut darzustellen; offen zu sein auch für kritische Fragen und Diskussionen.
Zu hoffen ist, dass die Impulse und Forderungen des Siggener Kreises die Adressaten erreichen: Nämlich die Akteure in der Wissenschafts-PR, die Entscheiderinnen und Entscheider in Wissenschaftsmanagement, Fördereinrichtungen und Politik, und last but not least die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Hier liegt meine Frage: Der Aufruf an alle diese Akteure zu mehr Courage ist löblich und ehrenwert – aber reicht er? Vermutlich wird es nicht gehen ohne Druck der Stellen, welche das Wissenschaftssystem letztlich steuern – die Politik, die hohe Administration, die leitendenden Stellen in den Hochschulen und Fördereinrichtungen.
Das gesamte Papier: „Wissenschaft braucht Courage – Impulse aus der fünften Tagung des Siggener Kreises zur Zukunft der Wissenschaftskommunikation“, Gut Siggen, 16. bis 20. Oktober 2017